Carl Spitzweg
(1808 München - 1885 ebenda)
Der Weg durch die Schlucht
Die kleinformatige, um 1865-1870 entstandene Landschaft zeigt ein kleines, mit einer blauen Jacke bekleidetes, in Rückenansicht dargestelltes Mädchen- oder eine Frauenfigur, auf einem schmalen Pfad am baumbestandenen Eingang zu einer von steilen Felsen flankierten Schlucht stehend. Hierfür wählte Spitzweg, wie häufig, ein schmales, gestrecktes Hochformat, was sowohl dem Motiv und auch der allgemeinen Thematik des Gemäldes entspricht. Dieses Gemälde ist zugleich exemplarisch für die Meisterschaft Spitzwegs in der Landschaftsmalerei, bei der er dem Betrachter einen authentischen, ersten poetischen Eindruck, einen vorüberziehenden Augenblick von der einsamen, rauen Natur wiedergibt. Nachdem Spitzweg zunächst in detailreichen Genrebildern das biedermeierliche Leben und kauzige Sonderlinge geschildert hatte, wandte er sich später verstärkt der Landschaftsmalerei zu. Hierbei wurde er insbesondere durch den eng befreundeten Eduard Schleich d. Ä. beeinflusst, der als bedeutender Wegbereiter der Freilichtmalerei in Deutschland gilt. Mit ihm unternahm Spitzweg zahlreiche Reisen, u. a. 1851 nach Paris, wo die Schule von Barbizon großen, nachhaltig prägenden Eindruck auf beide hatte. Auch in diesem mit Verve und teilw. pastos ausgeführten Gemälde Spitzwegs ist der Barbizon-Einfluss in einer freieren, flächigeren, summarischen Malweise bei der Darstellung der Felsen und des Himmels evident. Hierbei ging es Spitzweg nicht mehr um die realistische Wiedergabe von Details, sondern um die Gesamtstimmung, die hier durch das Licht und Verschattungen gesteigert wird. Spitzwegs Malerei wurde in der Folge immer offener und lichtdurchfluteter, die Figurenstaffage trat mehr und mehr zurück; er fand zu eigenen, fortschrittlichen, dem Impressionismus den Weg ebnenden Tendenzen. Öl/Lwd., auf Karton kaschiert. Verso Nachlass-Stempel. 20,7 x 8,1 cm. Rahmen.
Das Gemälde wird von Detlef Rosenberger, Oberostendorf, in das digitale Werkverzeichnis der Gemälde Spitzweg aufgenommen.
Beigefügt: Gutachten-Dokumentation von Dr. Horst G. Ludwig, München. 20.07.2018.
Allgemeine Lit.: Siegfried Wichmann, Carl Spitzweg, Verzeichnis der Werke, Gemälde und Aquarelle, Stuttgart 2002.
Provenienz: Privatbesitz, Süddeutschland; Auktion Karl & Faber, München, 04.05.2018, Lot 44.
Oil on canvas, laid down on cardboard. Estate stamp on the reverse. The artwork will be recorded by Detlef Rosenberger in the online catalogue raisonné of paintings by Spitzweg. Attached appraise documentation by Dr. H.G. Ludwig, Munich, 2018.