Barlach’s "Sitzender Gottvater" presents the creator of worlds as profoundly human. For the
artist, faith is part of human reality, because one of the most urgent questions for human
beings is that of the meaning of life and death and a possible afterwards. The question of
whether there is a God is one of Barlach’s questions of life. The artist represents God as a
loving, benevolent instance, who encounters seekers and those in doubt with wide open
arms.
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In dem Gesamtwerk Ernst Barlachs findet sich eine Vielzahl christilich-religiöser Motive. Sein "Sitzender Gottvater" zeigt den Weltenschöpfer quasi en passant und zutiefst menschlich. Für Barlach war der Glaube ein Teil der menschlichen Wirklichkeit. Der Künstler wuchs in einem protestantischen Elternhaus auf, ihn aber als christlichen Künstler zu bezeichnen wäre unpassend. Vielmehr können die religiösen Themen in seinem Schaffen als Suche nach dem Sinn des Lebens verstanden werden. Mit seiner Kunst geht Barlach der Frage nach, was den Menschen ausmacht, was ihn schaffen und ausharren lässt. „Immer wieder kreist meine Lust und mein Schaffensdrang um die Probleme des Lebenssinnes und der anderen großen Berge im geistlichen Bereiche.“
(zitiert nach: Carl Dietrich, Ernst Barlach. Das plastische, graphische und dichterische Werk, Berlin 1951/1958 , S. 117)
In einem seiner Briefe formulierte er auch: „Dogma und Kirche, tiefer Glaube an die Lehre geben dem Künstler seine Motive, aber weder Glaube noch Lehre sind das Wesentliche, sondern nur Helfer und Anreger, Gelegenheitsmacher dem Bedürfnis des ‚Über-sich-Hinaus‘ des Schaffenden.“
(zitiert nach Ernst Barlach, Die Briefe II, 1969, S. 351., aus dem Brief vom 12.02.1933 an Wolf-Dieter Zimmermann)
Das Thema seiner Werke ist das Menschsein an sich und alle damit verbundenen Fragen nach dem Tod, nach dem Danach, nach Auferstehung. Auch die Überlegung, ob es denn einen Gott gibt, eine höhere Instanz, ist Teil von Barlachs Lebensfragen. Sein Gottvater ist ein gütiger, liebender Gott. Vergleichend kann hier auf den Holzschnitt aus der Bildfolge zu Friedrich Schillers „An die Freude“ verwiesen werden, die Barlach allerdings erst 1924/25 gearbeitet hat. Einer der insgesamt neun Holzschnitte zeigt die Figur des Gottvaters in einer Gloriole, frontal in langem Gewand mit angezogenen Beinen und ausgebreiteten Armen. Ebenso wie in unserer Bronze straft Gott hier nicht, sondern segnet. Er ist eine verzeihende Instanz. Mit geöffneten Armen kommt er uns entgegen, um Zweifelnde und Suchende aufzunehmen.
Text verfasst und bereitgestellt von Dr. Andrea Fink, Kunsthistorikerin