HESSE, HERMANN
Calw 1877 - 1962 Montagnola
"Ein paar Gedichte von Hermann Hesse".
Zusammenstellung von 12 eigenhändig illustrierten, maschinengeschriebenen Gedichten und einem Titel- und Vorsatzblatt von Hermann Hesse. Je Feder in Schwarz und Aquarell auf 10 Doppelbogen und 3 Einfachbogen Bütten mit Wasserzeichen Ars Antiqua, 22,1x17,6 cm (Blattgrösse). Insgesamt 15 Illustrationen, wovon 11 farbig. Betitelt u. dat. 1918 auf dem Titelblatt sowie mit Bleistift bez. u. sig. "Geschrieben und gezeichnet von Hermann Hesse" auf dem Vorsatz.
Eine schwere Lebenskrise veranlasste den bedeutenden Schriftsteller Hermann Hesse im Frühjahr 1916, sich beim Psychoanalytiker und Schüler von Carl Gustav Jung, Josef Bernhard Lang, einer Psychotherapie zu unterziehen. Nach dem Scheitern von Hesses Ehe mit Maria Bernoulli, der Mutter seiner drei Söhne, sowie Anflügen von Selbstzweifeln, Depressionen, Schlaflosigkeit und Suizidgedanken, beschäftigte sich Lang mit dem späteren Literaturnobelpreisträger und regte ihn zum Notieren und Deuten seiner Träume an. Um den Gedanken und Erinnerungen visuelle Gestalt zu verleihen, schlug der Analytiker unter anderem auch das Malen und Zeichnen als therapeutische Mittel vor. Aus der anfänglichen Arzt-Patient-Beziehung erwuchs nach und nach eine Freundschaft, die bis zum Tod des Therapeuten 1945 anhielt und ihren Niederschlag in einem regen Briefwechsel fand. Hesses ersten Malversuche, teils entstanden während Aufenthalten im Engadin und im Tessin, datieren von Ende 1916. Ab 1918 schuf der Schriftsteller zudem Illustrationen zu eigenen Gedichten und Briefen. 1919 folgten die Trennung von seiner Familie und der Umzug nach Montagnola bei Lugano. Das bildnerische Schaffen wurde in dieser Zeit ebenso wichtig wie die literarische Produktion, was sich auch in einer engen Kontaktpflege mit Louis Moilliet, Jean Lurçat und Cuno Amiet ausdrückte. Nach ersten ungelenken Zeichen- und Malversuchen konzentrierte sich Hesse 1919 auf Landschaftsaquarelle. Die zumeist kleinformatigen Arbeiten jener Jahre in Montagnola mit Wiedergaben von Tessiner Dörfern, Wäldern, Seen und Bergen sind geprägt von einer einfachen, klaren Bildstruktur und einer ansprechenden Farbigkeit. Sie zeugen vom Einfluss Paul Klees, August Mackes und Louis Moilliets sowie von deren auf der legendären Tunisreise im April 1914 entstandenen Aquarellarbeiten.
Herman Hesse fertigte im Tessin des Öfteren illustrierte Lyriksammlungen mit sechs oder zwölf Gedichten in mehreren Exemplaren an und verschenkte sie an Freunde oder bot sie zum Verkauf an.