Die frühen Schaffensjahre Max Liebermanns sind geprägt von einer durchaus widerständischen Haltung. Es war der an der Tradition der Akademie orientierte Kunstgeschmack des Wilhelminischen Kaiserreiches, wogegen sich Liebermann bewusst positionierte. Kunst, das sollte die große Geschichte, nicht aber die Pinselführung des Künstlers sein. Dem Anspruch des Pathos, epischer Historienbilder oder entzückender Genreszenen, will sich Liebermann verweigern und sucht und findet seine Kunstpatronen in der französischen Malerei. Es sind Künstler wie Jean Francois Millet, Gustave Courbet oder Edgar Degas die das Kunstverständnis von Liebermann entscheidend prägen. Degas Werke lobt er 1889, sie seien »entstanden – ganz zufällig – und nicht gemacht«. In dem ländlichen Realismus der bäuerlichen Einfachheit, den er in diesen Bildern findet, entdeckt Liebermann eine geeignete Ausdrucksform. So reist er ab 1876 wiederkehrend nach Holland, wo er in den Sommermonaten in Dörfern wie Dongen, Zweelo oder Laren einkehrt. Was er dort entdeckt und was ihn fasziniert sind ganz alltägliche Motive, die ihn jedoch zu einer neuen Malerei beflügeln: Dorfbewohner bei der Heim- und Feldarbeit, das familiäre Beisammensein oder das Zusammenleben in Altmänner- und Waisenhäusern. Sichtlich gerührt von dem starken Zusammenhalt der dörflichen Gemeinschaften schreibt er seinem Bruder Felix: »Armut gibt es hier nicht.«
Unser Gemälde von 1898 ist ein besonders schönes Beispiel dieser Schaffensperiode und stellt darüber hinaus einen markanten Umbruch in Liebermanns Werk dar. Das Bild zeigt zwei in sich versunkene Mädchen beim gemeinsamen Spiel in einer Scheune. Die Szene offenbart einen Moment der Unbeschwertheit. Das erdige Kolorit der Frühjahre und die Ton-in-Ton Malerei kommen auch hier noch zum Einsatz. Doch kündigt das Bild Liebermanns impressionistischen Gestus bereits sehr deutlich an. Anstelle dünner Lasuren, wird die Farbe in raschen Zügen pastos auf den Malgrund aufgebracht, in dem sich die Details zugunsten der Stimmung verlieren. So bleibt es offen, womit die Kinder eigentlich beschäftigt sind. Trotz der gedeckten Palette handelt es sich um freundliche Braun- und Rottöne, die eine haptische Qualität erreichen. Inmitten des Bildes erstrahlen die blonden Schöpfe der Kinder wie zwei Lichtquellen. Mit Blick auf die Bilder des folgenden Jahres, bei denen Liebermann als Reaktion auf seine schlechten Kritiken, schlussendlich das bäuerliche Personal seiner Bilder gegen Polospieler, Badende und Reiter am Strand eintauschen wird, wirkt dieses Gemälde wie ein stiller Abschiedsgruß. Ein letzter freudiger Blick auf die alte Malerei und die gemeinsame Zeit im Dorf, in dem Wissen, das man als Künstlern niemals verharren darf. Dass Liebermann zukünftig der »Manet der Deutschen« genannt werden soll, zeichnet sich in diesem Gemälde bereits sehr deutlich ab.