Expertise by Otto Modersohn Museum, Fischerhude
– with handmade craftman’s frame –
A still life with apples – those who are even slightly familiar with the work of Otto Modersohn will know how unusual the choice of this motif is for the artist, who passionately dedicated his entire life to landscape painting and gave it the greatest space in his oeuvre. That Otto Modersohn had mastered the art of the still life with just as much confidence is proven by this composition with apples and tablecloth from the year 1925. The subject, still occupying the lowest place in the hierarchy of the pictorial genres until the 18th century, had developed to become one of the important themes of modern art since the 19th century. It is the unremarkable, everyday objects and the alleged undemanding nature of the genre that repeatedly inspired painters to dedicate themselves to the still life with an extraordinary joy in experimentation and a concentration on painterly qualities within the painting. Foremost among these was Paul Cézanne, who is said to have stated that he wanted to “surprise Paris with an apple”.
With Otto Modersohn too, it is only a few prosaic pictorial subjects that attract the attention of the viewer, not randomly found, but instead very much carefully arranged: the white tablecloth is artfully draped, the clay bowl with fruit is at a slight angle and is flanked by two more apples; all this in an image space that leaves behind the classic central perspective in favour of a deliberate spatial obscurification. This is because, although one also seems to recognise the table edge under the cloth in the left part of the painting, the position of the two individual apples clearly contradicts this – they appear to be on a higher table level. The change of perspective from a pronounced top view with the bowl, as well as a pictorially parallel, lateral view of the individual apples guide the gaze of the viewer and demand undivided attention for each individual pictorial subject. The complementary contrast of red and green, embedded into the brilliant white of the draped tablecloth, intensifies the brilliance of the colours. With the Apfelstillleben (Apple Still Life), Otto Modersohn presents an outstanding painting, into which he deeply infused and individually implemented the laws of modern art.
Text authored and provided by Dr. Doris Hansmann, Art historian
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Expertise Otto Modersohn Museum, Fischerhude
– mit handgearbeitetem Modellrahmen –
Ein Stillleben mit Äpfeln – wer das Werk von Otto Modersohn nur wenig kennt, wird sich möglicherweise über die Wahl dieses ungewöhnlichen Motivs wundern bei einem Künstler, der sich sein Leben lang mit Leidenschaft der Landschaftsdarstellung widmete und dieser den größten Raum in seinem Œuvre einräumte. Dass Otto Modersohn mit ebenso großer Souveränität die Kunst des Stilllebens beherrschte, beweist diese Komposition mit Äpfeln und Tischtuch aus dem Jahr 1925.
Das Sujet – bis zum 18. Jahrhundert in der Hierarchie der Bildgattungen noch auf der untersten Stufe angesiedelt –, entwickelte sich seit dem 19. Jahrhundert zu einem der bedeutenden Themen der Moderne. Es sind die unscheinbaren, alltäglichen Gegenstände und die vermeintliche Anspruchslosigkeit der Gattung, welche die Maler immer wieder dazu inspirierte, sich dem Stillleben mit großer Experimentierfreude und einer Konzentration auf innerbildliche und malerische Qualitäten zu widmen. Allen voran Paul Cézanne, der geäußert haben soll, er wolle „Paris mit einem Apfel überraschen”.
Auch bei Otto Modersohn sind es nur wenige prosaische Bildgegenstände, welche die Aufmerksamkeit des Betrachters erregen – doch nicht etwa zufällig vorgefunden, sondern vielmehr sorgfältig arrangiert: Das weiße Tischtuch ist kunstvoll drapiert, die Tonschale mit Früchten in eine leichte Schräge gebracht und von zwei weiteren Äpfeln flankiert. Das alles in einem Bildraum, der die klassische Zentralperspektive zugunsten einer bewussten räumlichen Verunklärung hinter sich lässt. Denn glaubt man auch im linken Teil des Gemäldes die Tischkante unter dem Tuch auszumachen, so steht doch die Position der beiden einzelnen Äpfel in deutlichem Widerspruch dazu – sie scheinen auf einer höheren Tischebene zu liegen. Der Perspektivwechsel von starker Aufsicht bei der Schale sowie bildparalleler, seitlicher Ansicht der einzelnen Äpfel lenken den Blick des Betrachters und fördern die ungeteilte Aufmerksamkeit für jeden einzelnen Bildgegenstand. Zudem fördert der Komplementärkontrast von Rot und Grün – eingebettet in das strahlende Weiß des drapierten Tischtuchs – die Leuchtkraft der Farben. Otto Modersohn präsentiert mit dem Apfelstillleben ein hervorragendes Gemälde, welches die Gesetze der Moderne tief durchdrungen und individuell umgesetzt hat.
Text verfasst und bereitgestellt von Dr. Doris Hansmann, Kunsthistorikerin