Mit Enigma präsentiert die Galerie Andreas Binder bereits die zweite Einzelausstellung des Künstlers Giovanni Castell.
Castell formuliert selbst, dass, bedingt durch die Bilderflut der heutigen Zeit, „der Zauber der Fotografie vorbei“ sei. Er möchte „weiterkommen, eine neue technische wie künstlerische Dimension erreichen“. Aufgrund dessen geht der Künstler über das Medium der gängigen Fotografie hinaus und bedient sich der digitalen Bearbeitung sowie der digitalen Malerei. Dabei verbindet er archaische und zeitgenössische Materialien und verleiht so der Gegenwartskunst eine Form, die die Vergangenheit nicht vergisst und auf ein besseres Morgen hofft.
In technisch vielschichtigen, an die Farbfeldmalerei erinnernden Bildern lässt der Künstler sein eigentliches Motiv zugunsten der Auseinandersetzung mit dem Wesen von Licht, Raum und Farbe oftmals nahezu verschwinden. In vielen der in der Ausstellung präsentierten Werken ist die ikonographische Beziehung zum amerikanischen Expressionismus greifbar. Neben Arbeiten, die durch organische Formen bestechen, finden sich allerdings auch solche, die figurative Elemente aufweisen – allen voran das vordergründige Motiv der Blume. Vereinzelte in der Ausstellung enthaltene reine Landschaftsdarstellungen bilden ein Novum im Spektrum der Bildthemen Castells. Die Farbe in den Werken Castells spielt eine tragende Rolle. Diese absorbiert auch das vom Bildhintergrund ausstrahlende Licht, sodass sie Lumineszenz freisetzt und über die ganze Oberfläche verbreitet.
Der Künstler richtet das Augenmerk auf den Zustand der Einsamkeit des Individuums der Gesellschaft. Technologie und Vernetzung nehmen Tag für Tag zu, Gespräche und Beziehungen hingegen werden weniger. Dementsprechend hat sich auch die menschliche Gestalt aus den Bildern Castells entfernt und überlässt das Feld der Farbe und der Lumineszenz. Der Fokus auf der Erzeugung einer ganz einzigartigen Lichtwirkung in den Werken des Künstlers erklärt sich schlussendlich aus der Symbolhaftigkeit des Lichts für Liebe, Hoffnung, Erlösung, Glauben und Zuversicht. Die Werke von Giovanni Castell bestechen somit durch eine malerische Illusion von Räumlichkeit, in der die Immaterialität von Licht und Energie unmittelbar spürbar wird.
Giovanni Castell (geboren 1962 in München) studierte Modedesign in Mailand und Rom sowie Philosophie in München. Seine Werke wurden bereits in zahlreichen nationalen und internationalen Ausstellungen gezeigt (u.a. im Kunsthaus Hamburg, Museum Weishaupt Ulm, Museum der Moderne Salzburg, Museum Bozen). Der Künstler lebt und arbeitet in Hamburg. Im Jahr 2023 erschien ein neuer Bildband zum bisherigen künstlerischen Schaffen Giovanni Castells.