Die Schönheit des Menschen, als ein Amalgam aus Körperlichkeit und Innerlichkeit, Verstand und Sinnlichkeit, Oberfläche und Seele, ist das zentrale Motiv der Ausstellung Dual Tones. Da die innere Schönheit als Spiegel unserer Gedanken und Gefühle gleichermaßen den Körper durchdringt, bleibt sie stets untrennbar mit der äußeren Schönheit und der körperlichen Anmut einer Person verbunden. In der Gegenüberstellung von Yigal Ozeris photorealistischen Porträts mit den abstrakten, nur mehr im Ansatz figurativen Werken Eugene Lemays spiegelt sich nun genau diese Komplexität wider.
Zwei Jahre nach der Ausstellung Monochrome (Galerie Andreas Binder, 2015) kehren die beiden Künstler zurück und setzen stilistisch und figurativ neue Akzente. Farbe wird zum treibenden Element, die sich sowohl in der vermeintlich oberflächlichen, heiteren Schönheit der Porträts von Yigal Ozeri als auch in Eugene Lemays abstrahierenden, chaotisch anmutenden Werken wiederfindet. Der Blick, der sanft über Ozeris photographische Bilder schweift, stagniert unvermittelt in Anbetracht von Lemays Abbildern des geordneten Chaos.
Geht man nun von der Ästhetik des Erhabenen als einem Gefühl des Einklangs von Vernunft und Sinnlichkeit aus, so erzielen die beiden Künstler diesen Zustand beim Betrachter durch die Kontrastierung unterschiedlicher Abbildungsweisen von Subjekten. In Ozeris akribisch genauer Technik, bei der er das Model idealisiert und in makelloser Schönheit abbildet, spiegeln sich ebenso apollinische Prinzipien wider, wie in Lemays Gemälden das Dionysische hervortritt. So schafft Eugene Lemay aus den Urgründen seiner Psyche, dem inneren Chaos, eine die Grenzen der Figürlichkeit überschreitende, malerische Schönheit. Dieser Ausdruck von Innerlichkeit spiegelt sich dann in seiner metaphorischen Farbwahl wider, seine Porträts wirken beunruhigend, roh und aggressiv. Fast macht es den Anschein, als würden Verstand und Gefühl im Übermaß und Wiederstreit aus dem Körper auszubrechen versuchen.
Dual Tones kann so sowohl als komplexe Metapher für Schönheit als auch als Verbildlichung von Ästhetik betrachtet werden. Hier verschwinden nicht nur stilistische und technische Differenzen, vielmehr verschmelzen die Grenzen zwischen Innerlichkeit und Äußerlichkeit, Subjekt und Objekt, Gesehenem und Gefühltem und schließlich zwischen Ästhetik als Theorie und Schönheit als Praxis.
Die Künstler sind anwesend.