Space 2: Edward Lipski
Space 1: Nobuyoshi Araki, PaINting
Space 3: Surprise no 2 – Winfried Bullinger, Armen Eloyan, David Reed
20.11.2010 – 29.1.2011
Vernissage: Freitag, 19. November 2010, 18-20 Uhr
Edward Lipski
Nachdem der in London lebende Künstler Edward Lipski (*1966) bereits 2007 im Projektraum „Suzie
Q“ einen Auftritt hatte, wird er den zweiten Ausstellungsraum der Galerie Bob van Orsouw bespielen.
Lipskis Werken könnte man durchaus unterstellen, dass sie gezielt die Darstellungstypologien und -
interessen der klassischen Moderne umkreisen und zuweilen auch persiflieren.
Seine Skulpturen stehen meist auf Sockeln, die wiederum wesentlicher Bestandteil der Werke sind.
Meist zeigen sie menschliche Figuren oder Tiere. Man fühlt sich bei der Betrachtung unversehens an
die Ansätze des Primitivismus erinnert. Deren Vertreter bewunderten an den Objekten aus fremden
Kulturen stets deren Anspruch auf Authentizität, den sie wiederum aus der Einbettung in Rituale oder
Zeremonien ableiteten. Lipskis Arbeiten tricksen diese Authentizitäts-Analogie gekonnt aus. Indem der
Künstler mit Materialien arbeitet, die keinen eindeutigen Bezug zu einer kulturellen Herkunft oder einer
bestimmten Ethnie erlauben, provoziert er beim Betrachter Verwirrung. Grelle Sprühfarben werden mit
Keramikmaterialien gemischt, Gold und Wachs verwendet, so dass erstaunliche Assemblagen
entstehen. Lediglich die Konfigurationen und Positionen der Skulpturen lassen das Publikum ahnen,
dass es sich dabei um Götterstatuen oder Fetisch-Objekte handeln könnte.
Mit diesem künstlerischen Vorgehen spielt Lipski auf die Vermischung von Kulturen an, die durch die
zunehmende Globalisierung ihre einzigartigen Ausprägungen verlieren. Er stimmt jedoch nicht auf
einen Abgesang verlorener Kulturen ein, wie man vielleicht annehmen könnte. Im Gegenteil, seine
Werke kommen trotz der Schwere des Themas mit einer beredeten Lässigkeit sowie einer
unverfrorenen Leichtigkeit daher, so dass man in Lipskis Arbeiten durchaus auch ein Augenzwinkern
erkennen darf.
Nobuyoshi Araki
Das umfangreiche Werk des japanischen Fotografen Nobuyoshi Araki (*1940, lebt in Tokio) besitzt
einiges an Spannungspotenzial. Araki rahmt in seinen Arbeiten Intimes und Öffentliches, indem er sich
monolithischen Themen wie Erotik, Tod oder Leben annähert. Der Fotograf arbeitete in der
Vergangenheit auch schon mit verschiedenen Künstlerinnen zusammen, unter anderem mit der
Fotografin Nan Goldin oder der isländischen Musikerin Björk. Zudem publizierte er seit den 60er
Jahren mehr als fünfhundert Bücher, die grösstenteils in Japan erschienen sind.
Bekannt und berühmt ist Araki mit seinen Aktbildern geworden. Auf den ersten Blick wirken diese
Fotografien verstörend, weil er darin meist enthüllte Frauen in Fesselpositionen zeigt. Der männliche
Blick – so der voreilige Schluss – kann sich an diesen Motiven sehr einfach und passiv delektieren.
Vergessen wird dabei gerne, dass die Bilder nicht auf Zwangssituation beruhen, sondern freiwillig von
den Beteiligten gewählt wurden. Die verwendeten Fesselpraktiken, die „Kinbaku“, reichen historisch
bis ins Mittelalter zurück. Mit westlichen Bondage-Formen, die zielgerichtet die Sexualität in den
Vordergrund stellen, hat dies wenig zu tun. Vielmehr zeigen seine Fotografien eine ästhetische
Überhöhung des menschlichen Körpers. Er selbst meinte in einem Zeitungsinterview 2008 zu seiner
Machtposition hinter der Kamera: „Ich kann den Körper einer Frau fesseln, aber nicht ihren Geist. Das
Fesseln wird zur Umarmung.“
Für seine Ausstellung in Zürich wird Araki kleinformatige Silber-Gelatine-Abzüge anfertigen und diese
mit Tusche partiell bemalen. Solche langwierigen und kostbaren Verfahren scheinen im Zeitalter
digitalen Bildgebrauchs geradezu anachronistisch. Mit diesen Kompositionskonstellationen gelingt es
ihm aber immer wieder, den Bildern eine unerklärbare Anziehungskraft zu verleihen.
Stefan Wagner