Julian Opie
7. April – 14. Mai 2011
Schon beim ersten Anblick brennen sich die von Julian Opie geschaffenen Porträts dem
Betrachtenden unauslöschlich ins Gedächtnis ein. Dies verdankt sich möglicherweise der
reduktiven Formensprache, die einerseits Assoziationen an Comic-Strips weckt und die
anderseits die Pop Art zitiert. Jedenfalls errang der 1958 in England geborene Künstler mit
seinen Portraits eine wichtige Stellung in der jüngsten Kunstgeschichte, indem er ebenso auf
verschiedene Kompositionsprinzipien des Porträtierens wie auf deren historische Ausprägungen
verweist. Dadurch hat er einer schon in der Pop Art angestossenen Diskussion um das Porträt
und dessen Identitätsmerkmale im massenmedialen Zeitalter einen neuen Anschub verliehen.
Freilich richtet sich, in Abgrenzung zur Pop Art, Opies Interesse vermehrt auf den Menschen und
ist weniger produktorientiert, denn sein Werk handelt davon, wie der menschliche Körper und
dessen Bewegungsprogramm dargestellt werden können. Dabei zielt ein Teil von Opies
künstlerischer Energie darauf hin ab, das „Bild“ von dessen Träger zu lösen, indem Opie aufzeigt,
dass Abbildungen nicht bloss zweidimensionale Oberflächen sind, sondern dass sie eine
Auseinandersetzung mit ihren Verwendungen erzwingen. Hierbei wechselt er je nach Anspruch
von der Malerei zur Skulptur, von übergrossen LED-Installationen im Stadtraum zu
Videoanimationen in Innenräumen.
Mit seiner Ausstellung setzt Julian Opie die bereits seit 1996 bestehende Zusammenarbeit mit
der Galerie Bob van Orsouw fort. Er wird die zwei Galerieräume mit Malereien und Skulpturen
unterschiedlicher Bildtypologien bespielen, um dadurch verschiedenartige Kabinettsituationen zu
erschaffen.
Im linken Raum zeigt er eine Serie von Ganzkörperportraits von Frauen, in denen die Posen, die
Komposition und der Hintergrund auf die europäische Porträtmalerei des 15. bis 18. Jahrhunderts
verweisen – auf die Porträtmalerei, welche von Tizian über Van Dyck bis zu den französischen
und englischen alten Meistern reicht. Die Besonderheit dieser Frauenporträts von Opie ist, dass
sie als Auftragsarbeiten für Sammler und Sammlerinnen entstanden sind, so dass auch in dieser
Hinsicht eine Brücke zur Porträttradition besteht. Obschon Herrschaftshäuser und Burgen aus
der Vergangenheit die Umgebung bilden, sind die zu sehenden Frauen in erkennbar
zeitgenössische Mode gekleidet. Dabei wendet Opie seine formale reduktive Sprache sowohl auf
die Figuren als auch auf die Objekte an.
Im rechten Raum werden Abbildungen eines tanzenden Paars gezeigt. Opie porträtierte die
Tänzer des London Royal Ballet, während sie das Stück „Infra“ aufführten. In der Darstellung von
Opie nehmen die Tänzer mit ihren Körpern eine rechtwinklige Räumlichkeit ein, welche auf die
Form des Bildrahmens anspielt. Diese Zeichnungen wurden, wie die Porträts im anderen Raum,
in der computergestützten Vinyl-Stanztechnik ausgeführt, die üblicherweise für öffentliche
Beschilderungen angewendet wird. Während der Kopf der Figuren nichts weiter als ein blosser
Kreis ist, hat der Künstler zum ersten Mal in dieser Serie die ausdrucksstarken Füsse der Tänzer
miteinbezogen.
Der Reiz von Julian Opies Arbeiten beruht zum einen auf der scheinbaren Einfachheit der Bilder,
zum andern aber auf der Komplexität der Konstruktionsverfahren. Insgesamt, d.h. über die
Kunstfertigkeit hinaus, ermöglichen seine Werke eine Auseinandersetzung mit Darstellungen des
menschlichen Körpers im Zeitalter der Massenmedien und in einer Welt, in der zunehmend
Marketing und verkürzte Mitteilungen die Inhalte bestimmen.
Vernissage: Donnerstag, 7. April 2011, 18 bis 20 Uhr
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Julian Opie
April 7 – May 14, 2011
The very first sight of Julian Opie’s portraits burns them indelibly into viewers’ brains. Perhaps
thanks to the reductive formal vocabulary that, on the one hand, arouses associations with comicstrips
while, on the other, cites Pop Art. With his portraits the artist, born 1958 in England, has
achieved an important place in recent art history by his reference to different compositional
principles of portrait painting as well as to their historical manifestations. He has thereby triggered
a discussion on the portrait and its identifiable features in today’s era of mass media, which Pop
Art had already begun. However, Opie’s interest is anthropocentric and less product-oriented; his
oeuvre deals with ways of depicting the human body and its programme of movement. In his art
he is engrossed in detaching the “image“ from its support, showing that pictures are not twodimensional
surfaces, but require us to explore how they are applied. Hereby—and according to
his requirements—he switches from painting to sculpture, from large scale LED installations in
urban space to indoor animations on screen.
With this exhibition Julian Opie continues a collaboration with Galerie Bob van Orsouw that has
existed since 1996. He will take over the two gallery rooms with paintings and sculptures that
display various pictorial typologies, creating different cabinet situations.
In the left room, he will show a series of full body portraits of women in which the poses,
composition and background refer back to European portrait paintings of the 15th to 18th
centuries, from Titian through Van Dyck to French and English old masters. The particularity of
these portraits is that they are commissioned works by collectors, which links the series even
more to the portraiture tradition. Although the settings are stately homes and castles of the past,
the models are dressed in recognisably contemporary fashion. Opie applies his formal reductive
linear language to both figures and objects.
In the right room, pictures of a dancing couple will be on exhibit. Opie portrayed the dancers from
the London Royal Ballet in moments of the piece “Infra“. With their bodies they occupy a rightangled
spatiality that alludes to the shape of the picture frame. As in the other room, these
drawings have also been made in a computer cut vinyl system generally used for public signage.
Though the head of the figures remains a simple circle, for the first time in this series the artist
has included the expressive feet of the dancers.
The charm of Julian Opie’s works is, on one hand, based on the seeming simplicity of their
images, on the other on the complexity of their construction modes. For, beyond all this, his works
promote an engagement with depictions of the human body in today’s media and in a world in
which marketing and truncated messages increasingly define content.
Vernissage: Thursday, 7 April 2011, 6 – 8 pm