Nobuyoshi Araki 'PaINting' (Space 1)

Nobuyoshi Araki 'PaINting' (Space 1)

Albisriederstrasse 199a Zurich, Switzerland Saturday, November 20, 2010–Saturday, January 29, 2011

Space 1: Nobuyoshi Araki, PaINting
Space 2: Edward Lipski
Space 3: Surprise no 2 – Winfried Bullinger, Armen Eloyan, David Reed

20.11.2010 – 29.1.2011
Vernissage: Freitag, 19. November 2010, 18-20 Uhr

Nobuyoshi Araki
Das umfangreiche Werk des japanischen Fotografen Nobuyoshi Araki (*1940, lebt in Tokio) besitzt einiges an Spannungspotenzial. Araki rahmt in seinen Arbeiten Intimes und Öffentliches, indem er sich monolithischen Themen wie Erotik, Tod oder Leben annähert. Der Fotograf arbeitete in der Vergangenheit auch schon mit verschiedenen Künstlerinnen zusammen, unter anderem mit der Fotografin Nan Goldin oder der isländischen Musikerin Björk. Zudem publizierte er seit den 60er Jahren mehr als fünfhundert Bücher, die grösstenteils in Japan erschienen sind.
Bekannt und berühmt ist Araki mit seinen Aktbildern geworden. Auf den ersten Blick wirken diese Fotografien verstörend, weil er darin meist enthüllte Frauen in Fesselpositionen zeigt. Der männliche Blick – so der voreilige Schluss – kann sich an diesen Motiven sehr einfach und passiv delektieren. Vergessen wird dabei gerne, dass die Bilder nicht auf Zwangssituation beruhen, sondern freiwillig von den Beteiligten gewählt wurden. Die verwendeten Fesselpraktiken, die „Kinbaku“, reichen historisch bis ins Mittelalter zurück. Mit westlichen Bondage-Formen, die zielgerichtet die Sexualität in den Vordergrund stellen, hat dies wenig zu tun. Vielmehr zeigen seine Fotografien eine ästhetische Überhöhung des menschlichen Körpers. Er selbst meinte in einem Zeitungsinterview 2008 zu seiner Machtposition hinter der Kamera: „Ich kann den Körper einer Frau fesseln, aber nicht ihren Geist. Das Fesseln wird zur Umarmung.“
Für seine Ausstellung in Zürich wird Araki kleinformatige S/W Fotografien anfertigen und diese mit Acrylfarbe partiell bemalen. Solche langwierigen und kostbaren Verfahren scheinen im Zeitalter digitalen Bildgebrauchs geradezu anachronistisch. Mit diesen Kompositionskonstellationen gelingt es ihm aber immer wieder, den Bildern eine unerklärbare Anziehungskraft zu verleihen.

Edward Lipski
Nachdem der in London lebende Künstler Edward Lipski (*1966) bereits 2007 im Projektraum „Suzie Q“ einen Auftritt hatte, wird er den zweiten Ausstellungsraum der Galerie Bob van Orsouw bespielen. Lipskis Werken könnte man durchaus unterstellen, dass sie gezielt die Darstellungstypologien und - interessen der klassischen Moderne umkreisen und zuweilen auch persiflieren.
Seine Skulpturen stehen meist auf Sockeln, die wiederum wesentlicher Bestandteil der Werke sind. Meist zeigen sie menschliche Figuren oder Tiere. Man fühlt sich bei der Betrachtung unversehens an die Ansätze des Primitivismus erinnert. Deren Vertreter bewunderten an den Objekten aus fremden Kulturen stets deren Anspruch auf Authentizität, den sie wiederum aus der Einbettung in Rituale oder Zeremonien ableiteten. Lipskis Arbeiten tricksen diese Authentizitäts-Analogie gekonnt aus. Indem der Künstler mit Materialien arbeitet, die keinen eindeutigen Bezug zu einer kulturellen Herkunft oder einer bestimmten Ethnie erlauben, provoziert er beim Betrachter Verwirrung. Grelle Sprühfarben werden mit Keramikmaterialien gemischt, Gold und Wachs verwendet, so dass erstaunliche Assemblagen entstehen. Lediglich die Konfigurationen und Positionen der Skulpturen lassen das Publikum ahnen, dass es sich dabei um Götterstatuen oder Fetisch-Objekte handeln könnte.
Mit diesem künstlerischen Vorgehen spielt Lipski auf die Vermischung von Kulturen an, die durch die zunehmende Globalisierung ihre einzigartigen Ausprägungen verlieren. Er stimmt jedoch nicht auf einen Abgesang verlorener Kulturen ein, wie man vielleicht annehmen könnte. Im Gegenteil, seine Werke kommen trotz der Schwere des Themas mit einer beredeten Lässigkeit sowie einer unverfrorenen Leichtigkeit daher, so dass man in Lipskis Arbeiten durchaus auch ein Augenzwinkern erkennen darf.
Stefan Wagner

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20 November 2010 – 29 January 2011
Vernissage: Friday 19 November 2010, 6 to 8 pm

Nobuyoshi Araki
The extensive work of the Japanese photographer Nobuyoshi Araki (*1940, resides in Tokyo) possesses a great deal of keyed-up potential. In his works Araki enframes both the intimate and the public by taking on monolithic themes such as eroticism, death or life. This fine-art photographer has in the past also collaborated with other artists, among whom the photographer Nan Goldin or the Icelandic musician Björk. In addition, since the 1960s he has published over five hundred books, most of which were issued in Japan. Araki became renowned and acclaimed for his nudes. At first glance, these photographs seem disturbing; most of the sparsely clothed women are shown in shackles. The images provide the male gaze—so the rash conclusion—with effortless, passive diversion. What is easily overlooked is that the photographs are not based on coercive situations, but on poses that are voluntarily chosen by the participants. Erotic bondage or “kinbaku” goes as far back historically as the Middle Ages. It has little to do with western forms of bondage, where sexuality is foregrounded. Instead his photographs highlight the aesthetic marvel of the human body. In a 2008 newspaper interview he himself said on his position of power behind the camera: “I can shackle the body of a woman, but not her mind. The bonds become an embrace.” For his exhibition in Zurich, Araki has produced small-scale B/W photographs, partially overpainted in acrylic. Such a time-consuming and costly procedure seems quite anachronistic in this digital age of image production. But it is through such compositional constellations that he repeatedly succeeds in lending his photos an inexplicable allure.

Edward Lipski
The London-based artist Edward Lipski (*1966) has already had his first appearance at our project space “Suzie Q” in 2007 and will now choreograph the Galerie Bob van Orsouw’s second exhibition room. One could very well assume that Lipski’s works aim to center on, and at times to satirize, the depictive typologies and interests of classical modernism. His sculptures mostly stand on pedestals that, in turn, become an essential component of his works. For the most part, the pieces show human figures or animals. Viewing them, you are suddenly reminded of the modus operandi of primitivism. What primitivism’s representatives always admired about the objects of foreign cultures was their claim to authenticity, derived from their roots in rituals and ceremonies. Lipski’s works skillfully outsmart this authenticity analogy. The artist, by working with materials that do not allow any unambiguous allusion to a cultural origin or to a specific ethnicity, evokes perplexity in the viewer. Garish spray paint is mixed with ceramic materials while gold is deployed together with wax, so that astonishing assemblages come about. The sculptures’ configurations and the positions alone allow the public to speculate that they could very well be looking at statues of gods or fetish objects. Via this creative procedure, Lipski alludes to the blend of cultures that, through increasing globalization, have lost their unique characteristics. He does not intone a swan’s song for lost cultures, as one could perhaps expect. On the contrary, his works—despite the gravity of their theme—come across with an eloquent nonchalance and an impudent lightness so that in Lipski’s works you also are sure to recognize the twinkle in the artist’s eye.
Stefan Wagner