Horst Janssen: Meisterzeichnungen 1960-1995

Horst Janssen: Meisterzeichnungen 1960-1995

Mommsenstrasse 59 Berlin, Germany Saturday, May 19, 2012–Friday, August 31, 2012

bobethanien by horst janssen

Horst Janssen

Bobethanien, 1990

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mädchen und zwei nonnen by horst janssen

Horst Janssen

Mädchen und zwei Nonnen, 1962

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Horst Janssen - Meisterzeichnungen 1960-1995
Eröffnung am Samstag, den 19. Mai 2012 von 18 - 21 Uhr
Ausstellung bis zum 31. August 2012

Horst Janssen – Klassiker und Rebell zugleich

1980 schrieb der Künstler über sich: „Ich bin hinter den flüchtigen Erscheinungen dieser Welt in ihren wechselnden Verkleidungen her, damit ich bei meiner Beerdigung sagen könnte: „Ich hab’s gesehen!“ Und wenn ich bis dahin und zwischendurch schreie, dann: Laßt mich in Ruhe!“

Der ehemalige Direktor der Wiener Albertina, Hofrat Prof. Dr. Koschatzky, zählte ihn zu den „größten zeichnenden Künstlern der Gegenwart“, der bereits zu Lebzeiten mit 50 Museumsretrospektiven geehrt wurde.

Das Oeuvre des 1929 in Hamburg geborenen und 1995 verstorbenen Horst Janssen umfasst mehr als 20.000 Zeichnungen und Aquarelle, rund 5000 Grafiken und über 100 Beteiligungen an Buchpublikationen. Er hatte die doppelte Begabung, einerseits das äußerlich Sichtbare schonungslos genau zu beobachten und andererseits die verborgenen Regungen der Psyche mit seiner höchst eigenwilligen zeichnerischen Handschrift zu bannen und vor dem Betrachter das Innerste mit all seinen Ängsten und verzweifelten Sinnfragen zu enthüllen. Gleichgültig, ob es Bäume sind, Landschaften oder Portraits – was er zeichnete, hatte meistens mit ihm selbst zu tun, bis an die Grenzen des Leidens an dieser Welt.

Die jetzige Ausstellung in der Galerie Brockstedt zeigt 60 Meisterwerke aus allen Phasen seines Schaffens.

In den 1960er Jahren entwickelte sich der Künstler zu einem herausragenden Zeichner, der auch über die Landesgrenzen hinaus Anerkennung fand. Die sogenannten „Hunderttausend-strichzeichnungen“ entfalten – zumeist zurückhaltend mit farblichen Akzenten – ihre reichen Ausdrucksmöglichkeiten durch modellierende Helligkeitsnuancen zwischen Schwarz und Weiß.

Wie kaum ein anderer Künstler beherrschte Janssen die hohe Kunst der Selbstbeschreibung – „Selbst“ war bei ihm sein Leben lang Programm. Das eigene Gesicht wurde zur Seelenlandschaft oder zur farbenfrohen „nature morte“ eines Blumenstraußes stilisiert oder immer wieder mit den Zeichen des körperlichen Verfalls registriert. Der eigenen Vergänglichkeit und Verletzbarkeit war sich Janssen nur zu gut bewusst – doch mit dem radikalen Ausdruck unmittelbaren persönlichen Erlebens erschüttert er auch uns mit dem dahinter sichtbar werdenden Allgemeinen, Existentiellen, das jeden von uns betrifft. Die hier gezeigten Selbstbildnisse sind schwerpunktmäßig aus der Serie „Paranoia“, die als der Höhepunkt seines Schaffens angesehen wird. Janssen sagte zu diesem Werkkomplex: „das Selbstbildnis ist nicht nur als Selbstentlarvung und Selbstbeweinung wie früher, sondern als großes, farbenfrohes Schlachtfest“ präsentierte.

Nicht nur in seinen Selbstportraits beobachtete Janssen den Prozeß des Vergehens, sondern auch in seinen Blumenstilleben haftet mitunter bereits in der Blüte ein herbstliches Welken an; unter seinem Zeichenstift legen sie die typischen pflanzlichen Merkmale ab und werden zu wesenhaften verletzlichen Kreaturen.

Zum Thema EROS bekannte Janssen: „Eros, dieser niedliche, allmächtige Kerl, der in unserer Seele rumschmust, und der lustige SEXUS in unserem Hirn, von wo er uns bei Gelegenheit ins Säcklein greift, die beiden bewegen ja bekanntlich die Welt – in der schönsten Weise alle unsere geistigen und leiblichen Genüsse – in gemeiner Weise auch unsere materiellen Begierden und Ehrgeizeleien. Also ALLLES:“ Fünf Aquarelle zu diesem Thema aus der Serie ‚Phyllis’, die 1978 entstanden, werden hier präsentiert.

Regelmäßig setzte er sich mit seinen Vorbildern aus der Kunstgeschichte auseinander und variierte sie virtuos, vom altmeisterlichen bis zum naiven Strichgestus. Immer wieder den Anfang suchend, kopierte er große Zeichner wie z.B. Primaticcio, Botticelli, Klinger oder Meryon und verwandelte den Geist dieser großen Meister seiner ureigenen Sprache an. „Die ganze Gesellschaft längst verstorbener Zeichner sitzt dir im Nacken“, notierte Janssen selbst einmal.

Wie bei den Stilleben, so sprengen auch Janssens Landschaften die gewohnten Grenzen der Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit. Neben den bereits erwähnten frühen Landschaften sind auch einige Blätter aus der Folge „Bobethanien“ zu sehen, die im Jahr 1990, sozusagen nach seinem inneren Auge, aufgrund von Schilderungen seiner Freundin Heidrun Bobeth entstanden: als Reflex der eigenen Lebenssituation – oft in dramatische Beleuchtung getaucht - finden sich hier zu Boden gestürzte Bäume und wildwuchernde Gewächse vor einem nordisch hohen Himmel. Janssen empfand Landschaft als ein vom starken Ego befreiendes Gegenüber: „Wo einer unter zwei Gewittern Götterdämmerung erblickt, fühle ich mich gemüüütlich (...), wenn diese lautlose Welt verkehrt beleuchtet wird, indem alles Licht von der Erde ausgeht und alles Gebüsch und Gras und Wasser weißlich grün vor dem himmlischen Schwarz leuchtet, dann überkommt mich große Behaglichkeit: ich verliere für einen Moment meine Identität und nichts ist da, was durch Erinnern stört.“

Den Typus des genialischen Künstlers, der auf bürgerliche Konventionen pfeift, hat Horst Janssen leidenschaftlich verkörpert. Dabei erfüllte er sämtliche Erwartungen, die sich durchaus mit dem Begriff des Genies verbinden: die Maßlosigkeit, das Exzentrische und die wütende Selbstzerstörung. (Zitat Prof. Urlaß PH Heidelberg)

Anlässlich der Veranstaltung KUNST + WEIN sind Sie herzlich eingeladen zur Weinprobe des Rheingauer Weingutes Hans Lang und zur Finissage der Ausstellung "Horst Janssen - Meisterzeichnungen 1960-1995":
am Samstag, den 1. September, von 17 - 21 Uhr.