Tino Geiß
"Memorie"
Malerei und Collagen
Zur Eröffnung der Ausstellung am Samstag, dem 13.11.2010,
von 17 - 21 Uhr, laden wir Sie und Ihre Freunde herzlich ein.
Der Künstler ist anwesend.
Dauer der Ausstellung bis 2. Februar 2011.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.
Die zweite Einzelausstellung des Leipziger Malers Tino Geiß (geb. 1978) in der
Galerie Brockstedt zeigt bis Ende Januar 2011 neue Arbeiten (Malerei und Collage).
Parallel zu seinem Meisterschülerstudium an der Hochschule für Grafik und
Buchkunst in Leipzig bei Ingo Meller (2008-2009) und bei Neo Rauch (2009-2010)
studierte Tino Geiß 2009 an der Royal Academy of Arts in London.
In dieser Zeit der Um- und Neuorientierungen entwickelte sich ein verstärktes
Interesse an Konstruktion und Dekonstruktion von Bildräumen, der Verknüpfung von
Malerei und Collage in der Technik der Decollage sowie der Übertragung
individueller Erinnerung auf Orte und Räume des kollektiven Gedächtnisses.
Das Decollagieren als Technik aus den 50er/60er Jahren, ist sinngemäß eine
„archäologische“ Technik. Sie hebt Schicht für Schicht ab, macht darunter Liegendes
sichtbar, ähnlich dicken Plakatwänden im Stadtbild, die immer wieder überklebt,
übermalt werden, bis man schließlich Krater hineinritzen oder schneiden, darunter
liegende Schichten frei legen, Vergessenes und Verschüttetes zu Tage holen und
gleichzeitig das Wiedergefundene durch erneutes Abdecken verklären kann.
Es handelt sich um eine Technik, die der Grundthematik von Tino Geiß – dem
Erinnern – gleich kommt, und sich im Titel der Ausstellung („memorie“ –
Erinnerungen) wieder findet.
In den Arbeiten von Tino Geiß zeigt sich Erinnerung facettenreich, der Begriff der
Heimat vielschichtig. Neben ländlichen, autobiographisch geprägten Außenräumen
und Architekturen, die auch schon in der letzten Ausstellung zu sehen waren und
dort auf urbane Strukturen stießen, finden sich vermehrt Innenräume im Bild. Oft
menschenleer verweisen Leinwand, Tisch, Bett, Stuhl auf ihre Besitzer und erklären
ihre Beziehung untereinander. Was braucht ein Mensch mehr als eine Kammer,
einen Stuhl und einen Tisch?
Martin Luther übersetzte in Isolation und karg eingerichtetem Ambiente die Bibel,
Marcel Proust verließ so gut wie nie sein abgedunkeltes und Schall gedämpftes
Korkzimmer und die letzten Jahre verbrachte Schiller fast ausschließlich liegend oder
am Schreibtisch in einer Kammer, die auf Anraten von Goethe, zur Erhöhung der
Stimmung, Grün tapeziert war.
Können solche Orte Heimat ersetzen? Wo ist Heimat? Ist sie ein realer Ort oder eine
Erfindung die geistig aufgearbeitet wird, ist sie ein Gefühl oder eine sinnliche
Wahrnehmung? Zeugen in den Collagen die wackeligen Wände, tanzenden Linien,
zart ausfransenden Risse, wo es keinen rechten Winkel mehr gibt, alles aus den
Fugen zu geraten scheint, von Heimat – und Rastlosigkeit- trotz oder gerade wegen
des Vorhandenseins von „Stuhl, Tisch, Buch, Bild“?
Dr. Uta Schnell
(November 2010)
Bitte beachten Sie auch unsere website www.brockstedt.com
(s. unter "Aktuelle Ausstellungen").