Tino Geiß 'Memorie'

Tino Geiß 'Memorie'

Mommsenstrasse 59 Berlin, Germany Saturday, November 13, 2010–Saturday, February 12, 2011

zitatenbild by tino geiss

Tino Geiss

Zitatenbild, 2006

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Tino Geiß
"Memorie"
Malerei und Collagen

Zur Eröffnung der Ausstellung am Samstag, dem 13.11.2010, von 17 - 21 Uhr, laden wir Sie und Ihre Freunde herzlich ein.
Der Künstler ist anwesend.
Dauer der Ausstellung bis 2. Februar 2011.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

Die zweite Einzelausstellung des Leipziger Malers Tino Geiß (geb. 1978) in der Galerie Brockstedt zeigt bis Ende Januar 2011 neue Arbeiten (Malerei und Collage). Parallel zu seinem Meisterschülerstudium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig bei Ingo Meller (2008-2009) und bei Neo Rauch (2009-2010) studierte Tino Geiß 2009 an der Royal Academy of Arts in London.

In dieser Zeit der Um- und Neuorientierungen entwickelte sich ein verstärktes Interesse an Konstruktion und Dekonstruktion von Bildräumen, der Verknüpfung von Malerei und Collage in der Technik der Decollage sowie der Übertragung individueller Erinnerung auf Orte und Räume des kollektiven Gedächtnisses.

Das Decollagieren als Technik aus den 50er/60er Jahren, ist sinngemäß eine „archäologische“ Technik. Sie hebt Schicht für Schicht ab, macht darunter Liegendes sichtbar, ähnlich dicken Plakatwänden im Stadtbild, die immer wieder überklebt, übermalt werden, bis man schließlich Krater hineinritzen oder schneiden, darunter liegende Schichten frei legen, Vergessenes und Verschüttetes zu Tage holen und gleichzeitig das Wiedergefundene durch erneutes Abdecken verklären kann. Es handelt sich um eine Technik, die der Grundthematik von Tino Geiß – dem Erinnern – gleich kommt, und sich im Titel der Ausstellung („memorie“ – Erinnerungen) wieder findet.

In den Arbeiten von Tino Geiß zeigt sich Erinnerung facettenreich, der Begriff der Heimat vielschichtig. Neben ländlichen, autobiographisch geprägten Außenräumen und Architekturen, die auch schon in der letzten Ausstellung zu sehen waren und dort auf urbane Strukturen stießen, finden sich vermehrt Innenräume im Bild. Oft menschenleer verweisen Leinwand, Tisch, Bett, Stuhl auf ihre Besitzer und erklären ihre Beziehung untereinander. Was braucht ein Mensch mehr als eine Kammer, einen Stuhl und einen Tisch?

Martin Luther übersetzte in Isolation und karg eingerichtetem Ambiente die Bibel, Marcel Proust verließ so gut wie nie sein abgedunkeltes und Schall gedämpftes Korkzimmer und die letzten Jahre verbrachte Schiller fast ausschließlich liegend oder am Schreibtisch in einer Kammer, die auf Anraten von Goethe, zur Erhöhung der Stimmung, Grün tapeziert war.

Können solche Orte Heimat ersetzen? Wo ist Heimat? Ist sie ein realer Ort oder eine Erfindung die geistig aufgearbeitet wird, ist sie ein Gefühl oder eine sinnliche Wahrnehmung? Zeugen in den Collagen die wackeligen Wände, tanzenden Linien, zart ausfransenden Risse, wo es keinen rechten Winkel mehr gibt, alles aus den Fugen zu geraten scheint, von Heimat – und Rastlosigkeit- trotz oder gerade wegen des Vorhandenseins von „Stuhl, Tisch, Buch, Bild“?

Dr. Uta Schnell
(November 2010)

Bitte beachten Sie auch unsere website www.brockstedt.com (s. unter "Aktuelle Ausstellungen").