Bruno Gironcoli 'Werke ab 1963 und neue Skulpturen'
13. September – 08. November 2008
Eröffnung der Ausstellung: Samstag, 13. September 2008, 12 Uhr
Bruno Gironcoli (*1936) nimmt im Feld der internationalen zeitgenössischen Skulptur eine einzigartige Stellung ein. Der österreichische Künstler fand zu einer unverwechselbaren Formensprache, die er von den frühen Köpfen bis hin zu den gewaltigen Skulpturen der letzten zwei Jahrzehnte weiterentwickelte. Existenzielle Themenkomplexe wie das Verhältnis zwischen Mann und Frau, Sexualität, Gewalt und Unterjochung sind Bereiche, die er in seinen an „Apparaturen“ gemahnenden Skulpturen reflektiert. Parallel dazu entstand ein breites grafisches Oeuvre. (Bettina Busse in: Bruno Gironcoli, Die Skulpturen 1956-2008)
In der aktuellen Einzelausstellung in der Galerie zeigen wir fünf neue Aluminiumskulpturen, entstanden seit 2006, in denen Gironcoli eine formale Klarheit und inhaltliche Stringenz erreicht, die die ursprüngliche Kraft der Plastiken hervorhebt. Der kompakte, meist symmetrischer Aufbau, die nun jeweils wenigen verwendeten Elemente seines Formvokabulars und die Titel, die Gironcoli nun erstmals seit mehr als zehn Jahren wieder verwendet, spannen den Bogen zu seinen Skulpturen der 1960er Jahre, den Köpfen und Polyesterarbeiten, von denen wir ebenfalls zwei in der Ausstellung zeigen, ergänzt durch grafische Arbeiten aus den 1960er, 1970er und 1980er Jahren.
Im Rückblick auf sein Werk ist die immer wieder variierte Formensprache von hoher Authentizität und gleichnishaft für einen Zustand, in dem sich heute das Individuum befindet. Im Gegensatz zu der Annahme einer Reihe von Interpreten, es handle sich bei Gironcolis Werken allein um obsessive und narzißtische Junggesellenmaschinen, um den gesteigerten Ausdruck seiner individuellen Ängste und Traumata, dem Prozeß einer Abreaktion sozusagen, so stimmt das nur zu einem Teil.
Ich sah in ihnen immer, von Anfang an, die Absicht des Künstlers, auf individuelle wie gesellschaftliche Probleme zu antworten. Die Themenkreise haben sich im Lauf der Jahre verschoben. Innerhalb dieser Themen spielen jedoch die Probleme der Entfremdung, sado-masochistischer Verhaltensweisen wie sie sowohl der tägliche Faschismus wie auch, in der politischen Realität, Folter und Unterdrückung mit sich bringen, die Gender- und Genproblematik wie Fragen der Homosexualität, der Mann-Frau- wie der Mutter-Kind-Beziehnungen, der Hierarchie-Verhältnisse in der Familie etc. eine Rolle.
Gironcoli findet für diese Themen suggestive visuelle Bilder. Er hat in den letzten beiden Jahrzehnten eine eigene unverwechselbare Sprache entwickelt, die die aktuellen Themen nicht plakativ abbildet, sondern versucht, diese durch seine ihm eigene bedrängende Bildwelt zu bewältigen.
aus: Peter Weiermair, Hinweise auf einen großen Außenseiter, in: Bruno Gironcoli, Biennale di Venezia 2003