Zurich / Zug / New York
Galerie Gmurzynska freut sich die Ausstellung “Fernando Botero: Santas” ankündigen zu dürfen, welche eine neue Serie großformatiger Malereien des renommierten kolumbianischen Künstlers präsentiert. Für diese Werkgruppe aus dem Jahr 2014 widmet sich Botero den ikonischen Darstellungen weiblicher Heiliger des christlichen Kanons welche er anhand seines unverkennbaren Duktus neu interpretiert. Hierdurch setzt Botero jene verehrten transzendenten Märtyrerinnen als unverhüllt weltliche Society Ladies neu in Szene. Das herausragende und ausschließlich weibliche Ensemble beinhaltet insgesamt zehn Heilige. Botero setzt sich mit diesen mystischen Figuren auseinander, indem er teilweise die jeweiligen Attribute der Heiligen aufnimmt, welche deren oft qualvollen Hagiographien sowie ihre Funktion als Schutzheilige für bestimmte soziale Berufsgruppen symbolisieren. In Boteros Überarbeitung figurieren diese einst bedeutungsschweren Attribute wie eine Handbibel oder eine Altarkerze als nun auffällige Accessoires, welche von den kurvenreichen Heiligen wie begehrenswerte Handtaschen umklammert werden und deren Abendgarderobe abrunden. In „Santa Barbara“ – vormals durch Peter Paul Rubens und Jan van Eyck dargestellt wie auch in den zahlreichen Ikonen Griechisch-Orthodoxer Kirchenkunst in der sie vornehmlich verehrt wird – behält Botero die graphischen körperlichen Blessuren bei, welche die Heiligen oftmals erdulden mussten und die somit verantwortlich für deren nachträgliche Heiligsprechung sind. In „Santa Barbara“ ist dies die verwundete linke Brust, ein Eingriff welcher angeblich von ihrem eigenen Vater bewilligt wurde wie auch ihre darauffolgende qualvolle Hinrichtung, als Strafe für Santa Barbaras unbeugsamen Glauben. Die stoische Mimik von Boteros Version der Santa Barbara zusammen mit dem nüchtern wiedergegebenem Heiligenschein und ihrer freizügigen und gerüschten Abendgarderobe erzeugen weiterhin einen augenfälligen Kontrast zu dem Märtyrertum der eigentlichen historischen Figur. Jene unerwarteten Diskrepanzen durchziehen die gesamte Werkgruppe der Santas: die asketische Franziskaner Heilige Santa Klara von Assisi – die Ikone des Ordens der Klarissen – erscheint als eine aufgeplusterte Dame in pelzverbrämten Opernhandschuhen, gekleidet in Chiffon; Santa Justa, die bereits Goya als Motiv eines Bildes diente welches Teil der Sammlung des Prado ist, trägt ihren Märtyrer Palmwedel gleich einer tropischen Pflanze die sie gerade vom Floristen erworben hat. Ihre klassische leicht erhobene Handgeste erscheint hier eher als ein Handzeichen um ihren Chauffeur herbeizurufen. Durch diese humorvollen Neuauslegungen von Haltung, Gewand, Attributen, figürlicher Darstellung und Kulisse offenbart Botero die beträchtliche Interdependenz zwischen Geschichtsschreibung und dem dramatisch fiktionalisierenden und wirkungsvoll manipulierenden System westlicher Ikonenkunst. Zur Ausstellung erscheint ein vollständig illustrierter Katalog einschließlich Archivmaterial sowie einem Essay von Antony Haden-Guest.