Eröffnungsausstellung in der neuen Galerie Hans Mayer am Grabbeplatz
Selbst mit 71 Jahren hat Hans Mayer nichts von seinem Elan und Enthusiasmus
verloren. „Das wird Spitze“, schwärmt er von seiner neu errichteten Galerie am alten
Standort in der Düsseldorfer Innenstadt: direkt gegenüber der Kunstsammlung
Nordrhein-Westfalen, vis-à-vis der Kunsthalle Düsseldorf und in unmittelbarer
Nachbarschaft der legendären Kunstakademie. Nach drei Jahren in einem
Ausweichquartier am Stadtrand kehrt Hans Mayer wieder an den Grabbeplatz
zurück. Am 9. September ab 19.30 Uhr wird die neue Galerie - parallel zum
Düsseldorf/Kölner Galerienrundgang - eingeweiht.
Die neuen Räume haben ganz andere Dimensionen als die - 1971 von Max Bill
entworfene - alte Wirkungsstätte. Sie erstrecken sich auf zwei Etagen: 220 qm
Ausstellungsfläche unten, nochmals 150 qm Büroräume darüber, Deckenhöhe 4,50
m. RKW Düsseldorf ist verantwortlich für die Architektur, das Erscheinungsbild der
Galerie wurde von Danilo Silvestrin aus München entworfen. Mit 370 Quadratmetern
gehört die Galerie Hans Mayer wieder zu einer der größeren für zeitgenössische
Kunst in Deutschland, ein Zeichen des Vertrauens in die Kunststadt Düsseldorf, ja in
die Kulturregion Rheinland!
Der gebürtige Ulmer Hans Mayer, der 1967 als junger Galerist aus Esslingen
zunächst in Krefeld zusammen mit der Pariser Galeristin Denise René eine Galerie
eröffnete, bevor sie vier Jahre später nach Düsseldorf wechselten, glaubt bis heute
unbeirrt an die besondere Strahlkraft der rheinischen Kunstszene. Daran hat auch
das fünfjährige Intermezzo mit einem zweiten Standbein in Berlin - von 1998 bis
2003, in den Jahren der allgemeinen Berlin-Euphorie - nichts geändert. Im Rheinland
erlebte Hans Mayer die großen Aufbrüche der 60er und 70er Jahre: die
Ausstellungen und Aktionen der Künstlergruppe ZERO mit ihren engen
Verbindungen zu Yves Klein und den Nouveau Réalistes, den charismatischen
Erneuerer Joseph Beuys und seine erbitterten Fehden mit der Staatlichen
Kunstakademie, die aus seiner Klasse hervorgegangenen jungen Genies Blinky
Palermo und Imi Knoebel, die legendären Fluxus-Aktionen mit Joseph Beuys und
Nam June Paik, die ersten internationalen Erfolge von Gerhard Richter oder Sigmar
Polke.
Und immer wieder junge und alte Künstlerpersönlichkeiten, die unbeirrt um den
jeweiligen „Zeitgeist“ ihren eigenen Weg gingen: Gotthard Graubner mit seinen
Farbkissen und spektakulären Nebelräumen oder Norbert Kricke mit seinen Raum-
Zeit-Plastiken.
In seiner Zeit als Rektor der Akademie, von 1973 bis 1981, verhalf Kricke der
traditionsreichen Institution durch eine intelligente Berufungspolitik, die zu einem
großen Spektrum bedeutender Professoren führte, erneut zu hohem Ansehen: man
denke nur wie die Fotoklasse von Bernd und Hilla Becher (1976-1996) mit den
Schülern Andreas Gursky, Thomas Ruff, Candida Höfer und Thomas Struth zu
einem der wichtigen Ausgangspunkte für die Entwicklung und Bedeutung der
Fotografie in der zeitgenössischen Kunst geworden ist! Zwei Jahrzehnte intensiven
Experimentierens und internationaler Kontaktaufnahme ließ Düsseldorf zur
lebendigsten Kunstszene Deutschlands werden. Sie hat das Kunstverständnis von
Hans Mayer - neben der Begegnung mit der internationalen Avantgarde in Europa
und Amerika - entscheidend geprägt.
So zeigte er nach seinem Umzug 1971 in die Düsseldorfer Galerie am Grabbeplatz
wiederholt Günther Uecker, Gotthard Graubner, Heinz Mack und Norbert Kricke. Und
auch andere, in der Landeshauptstadt lebende Künstler, waren immer wieder mit
Ausstellungen in seiner Galerie, oder mit einzelnen Werken auf seinen zahlreichen
internationalen Messeständen zu sehen.
Durch die Vielfalt der rheinischen Kunstszene hatte sich Hans Mayers Blick
sukzessive vom op-art Programm seiner frühen Jahre gelöst und richtete sich
zusehends auch auf ganz andere Kunstrichtungen, so z.B. auf aktuelle
amerikanische Kunst. International bekannt wurde er schließlich mit der frühen
Präsentation der Pop-Art Künstler und anderer amerikanischer Größen wie Mark
Rothko oder Ellsworth Kelly in Düsseldorf. 1979 begegneten sich in seiner Galerie
erstmals Andy Warhol und Joseph Beuys; Keith Haring, Jean-Michel Basquiat, Tony
Oursler, John Kessler, Bill Beckley und Robert Longo folgten mit vielen groß
angelegten Ausstellungen.
Gleichzeitig erweiterte sich Hans Mayers Programm rasant um weitere bedeutende
Künstler aus der ganzen Welt: Peter Lindbergh, Helmut Newton, C.O. Paeffgen,
Dennis Hopper, Markus Oehlen, Bernar Venet, Elaine Sturtevant, Ben Willikens,
Jean Tinguely, Jürgen Klauke und viele mehr.
Einer der wichtigen Eckpunkte der Galeriearbeit in den 90er Jahren bedeutete auch
der Beginn der Zusammenarbeit mit Nam June Paik, der von 1979 bis 1996 eine
bedeutende Rolle als Professor für Videokunst an der Düsseldorfer Kunstakademie
spielte.
Nach 46 Jahren vielseitigster Galerientätigkeit Hans Mayers ist es also als bewusste
Hommage an das Rheinland mit seiner kreativen und wirtschaftlichen Potenz zu
verstehen, wenn er seine neuen Räume nun mit Werken maßgeblicher Künstler der
Düsseldorfer Kunstakademie eröffnet. Mit der Übernahme des Rektorats durch
Markus Lüpertz (1988-2009) und aktuell durch Tony Cragg (seit 2009) hat die
Akademie erneut - nicht zuletzt durch Berufung international renommierter Künstler
der jüngeren Generation - entscheidende Impulse erhalten und zählt dadurch heute
weiterhin zu den weltweit führenden Kunstakademien mit ihrem hohen,
diversifizierten Niveau der künstlerischen Lehre und des kreativen Denkens.
Hatte Hans Mayer in rheinischer Szene oft mit aufregenden Präsentationen
auswärtiger Künstler für Diskussionen gesorgt, so verweist er mit der jetzigen
Ausstellung auf die Bedeutung dieser Institution für die Kunstlandschaft weltweit:
eine schöne Geste des international vernetzten Galeristen gegenüber einer Stadt
und einer Region, von der entscheidende Impulse für die zeitgenössische Kunst
ausgegangen sind und weiterhin ausgehen!
Dr. Bettina Ruhrberg