Eröffnung am Mittwoch, den 11. Juli um 19 Uhr
Mit dem Namen Daniel Spoerri assoziiert man zuerst die so genannten »Tableaux-piège« oder „Fallenbilder“. Diese Anfang der 1960er Jahre entstandenen Objekt-Assemblagen definierte der Künstler selber so: „Gegenstände in zufälligen, ordentlichen oder unordentlichen Situationen werden in genau der Situation, in der sie gefunden werden, auf ihrer zufälligen Unterlage (Tisch, Schachtel, Schublade usw.) befestigt. (..) indem das Resultat zum Bild erklärt wird, wird Horizontales vertikal. Beispiel: Die Reste einer Mahlzeit werden auf dem Tisch befestigt und mit dem Tisch an der Wand aufgehängt. (…)“
Mit der Erfindung des „Fallenbildes“ begann Spoerris Karriere als Bildender Künstler. Fallenbilder wurden erstmals Ende 1960 ausgestellt beim »Festival d’art d’avantgarde« in Paris.
Diese Grundidee wurde vielfach variiert, (als »Tableaux-piège en carré«, als „Flohmarktbild“ oder „Künstlerpalette“). Dass sich Spoerri von den Tischen dann auch über die Nahrungsaufnahme grundsätzlich Gedanken machte lag nahe. Zur daraus sich entwickelnden „Eat Art“ gehören essbare Kunstwerke (wie sie seit 1970 in der „Eat Art Galerie“ über dem „Restaurant Spoerri“ in Düsseldorf gezeigt wurden) ebenso wie verschiedene Konzept-Essen und Bankette.
Daniel Spoerri ist weder bei den Fallenbildern noch bei der Eat Art geblieben. Dazu ist er ein zu unruhiger, zu neugieriger und zu selbstkritischer Geist. Es ist seine Sache nicht, sich auf einem einmal gefundenen Prinzip auszuruhen. Es entstanden im Laufe von über 50 Jahren viele andere Bildserien und Skulpturen. Immer wieder jedoch kehrte Spoerri auch zu seinen „Fallenbildern“ zurück. Manchmal fertigt er sie als „Porträts“ für Freunde und Sammler eigens an, indem er nach einem Essen die Reste des festlichen Menüs auf dem Tisch fixiert, dann wieder findet er auf dem Flohmarkt ein Tischtuch, einen Tafelaufsatz oder ein besonderes Geschirr, dass ihn anregt, eine Tischsituation zu erfinden. Solche arrangierten, nicht mehr vom Zufall bestimmten Fallenbilder nennt der Künstler »Faux Tableaux-piège«, „Falsche Fallenbilder“.
Zu diesen gehört auch die seit 2010 entstandene Serie »Mosaiques Années Cinquantes«. Als Untergrund dienen hier Mosaiktische aus den 1950er Jahren unterschiedlichster Form und Größe. Damit knüpft Spoerri an die Entstehungszeit seiner ersten „Fallenbilder“ an. Die kunsthandwerklich sorgfältig gefertigten Mosaike spiegeln den damaligen Kunst-Geschmack, beziehungsweise eine Auffassung von Moderne jener Zeit.
Das Vergnügen, das diese Bilder dem Künstler bei der Herstellung gemacht haben, ist ihnen deutlich anzusehen. Und wieder variiert Spoerri seine Grundidee, die Spuren eines sozialen Ereignisses festzuhalten: Zum ersten Mal zeigt er auch Tischsituationen vor dem Essen, auf denen das Geschirr erst zum späteren Gebrauch auf gestapelt da steht.
Daniel Spoerri bewegt sich also souverän auf einem ihm gut bekannten Terrain und leistet sich auch kitschiges Beiwerk – Edelsteinbäumchen, Nippesfiguren – ohne selber Kitsch zu produzieren. Der Künstler nahm 1960 keine Rücksicht auf den Publikumsgeschmack und tut es auch heute nicht.
Juli 2012 Barbara Räderscheidt, Ausstellungshaus Spoerri, Hadersdorf am Kamp