Gavin Turk & Helen Chadwick 'Piss Off' and Martin Walde 'Halucigenia & More'

Gavin Turk & Helen Chadwick 'Piss Off' and Martin Walde 'Halucigenia & More'

Seilerstätte 16 Vienna, Austria Thursday, February 28, 2008–Saturday, April 5, 2008

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GAVIN TURK und HELEN CHADWICK „PISS OFF“

Eröffnung: Donnerstag, 28. Februar 2008 um 18 Uhr im Rahmen der SEILERSTÄTTE; VIENNA PLUS
Gavin Turk ist anwesend.
Ausstellungsdauer: 28. Februar – 5. April 2008

Die Galerie Krinzinger zeigt in der Main Gallery Arbeiten zweier englischer Künstler: Gavin Turk und Helen Chadwick. Zwei Künstler, zwei Geschlechter, zwei Generationen – aber ein Thema: Die Kunst des Wasserlassens.

Helen Chadwick (1953-1996) machte in den Jahren 1991 und1992 sehr poetische und elegante Objekte, die an pilzförmige Blumen erinnern. Es sind die Positiv-Bronzegüsse, gegossen nach Hohlräumen im Schnee, entstanden durch das Urinieren der Künstlerin in den eisigen Niederschlag. Chadwick war es stets wichtig, den weiblichen Körper in einer für die traditionelle Kunstgeschichte ungewöhnlichen und unerwarteten Weise einzusetzen. Durch den körperlichen Akt der Blasenentleerung entstehen schöne, organisch-bizarre Formen, die „Piss Flowers“. Sie bilden die perfekte Bühne für Gavin Turks „Piss Paintings“.

Die Arbeiten des Young British Artists, (geb. 1967) sind ebenfalls sehr ästhetisch: Auf bronzefarbenem Grund sieht man Tropfen, Flecke, Linienzüge in ultramarin und türkisblau, kristalin gesplittert oder weich verschwommen. Auch diese Bilder sind durch den von der Gesellschaft tabuisierten Akt des Wasserlassens entstanden.

Gavin Turk hatte für die Besucher seiner Ausstellung in der Londoner Riflemaker Gallery 2007 eine besondere Aktion geplant: Sie konnten – nachdem sie einige Flaschen Bier getrunken hatten - im Hinterhof der Galerie auf speziell präparierte Leinwände urinieren. Die in dieser aktionistischen Performance entstandenen „Piss Paintings“ wurden dann auf den eleganten Toilletten bei Sotherbys ausgestellt. Die Leinwände waren mit kupfer- und bronzehältiger Metallfarbe grundiert, die sich dann durch den Kontakt mit Urin blau verfärbten.
Gavin Turk sieht in den Arbeiten einen starken Bezug zum Wiener Aktionismus, zum Performativen, dem Arbeiten mit Körperflüssigkeiten – weshalb er die Galerie Krinzinger mit ihrer aktionistischen Vergangenheit als geeigneten Ort für die Ausstellung dieser Bilder wählt.

Die Idee mit den „Piss Paintings“ hat Gavin Turk natürlich ganz unverschämt von Andy Warhol gestohlen. Der Brite, der sich schon andere große Helden der modernen Kunstgeschichte zum Vorbild genommen und sich ihre Werke angeeignet hat, zitiert jene „Oxidation Paitings“ von Warhol aus den 1970er Jahren, bei denen die Mitarbeiter seiner Factory auf mit Kupferfarbe bestrichene Leinwände urinierten. Die sich daraus ergebenen abstrakten Strukturen und organisch-explosierenden Effekte entstehen durch das Oxidieren des Metalls. Bei dem Arbeitsvorgang, der Bearbeitung der auf dem Boden liegenden Leinwände mit einer Flüssigkeit, die von oben heruntertropft, nehmen die Werke bezug auf die Drip Paintings von Jackson Pollock und spielen mit dem High und Low in der Kunst der Pop Art.

Trotz der instiktiven Abneigung gegen das verwendete Arbeitsmittel kann man sich der formalen Schönheit der Skulpturen von Helen Chadwick und der Bilder von Gavin Turk nicht entziehen.

Der Titel „Piss Off“ ist als Wortspiel zu verstehen: Er nimmt einerseits bezug auf den Begriff Play Off aus dem Sport, und ist andererseits eine Warnung an das Publikum, sich von den verseuchten Botschaften fernzuhalten.

MARTIN WALDE „HALLUCIGENIA & MORE“

Eröffnung: Donnerstag, 28. Februar 2008 um 18 Uhr im Rahmen der SEILERSTÄTTE; VIENNA PLUS
Martin Walde ist anwesend.
Ausstellungsdauer: 28. Februar – 5. April 2008

Die Galerie Krinzinger zeigt in der North Gallery Martin Waldes neuestes Hallucigenia-Projekt.

Hallucigenia ist eine ausgestorbene Tiergattung aus dem mittleren Kambrium (vor 500 Millionen Jahren). Die winzigen Wesen, zwischen 25 mm und 3cm lang, einem Wurm ähnlich, sind rundum mit Tentakel versehen, die zunächst eine Orientierung von oben und unten, vorne und hinten unmöglich machten. Die seltsame Erscheinungsform der bizarren Fossilie – einer Halluzination ähnlich – führte zu dem Gattungsnamen Hallucigenia. Dieses wurmartige Wesen hat durch die Rekonstruktionsversuche Geschichte geschrieben. Wissenschaftler versuchten lange Zeit das merkwürdige Kleinsttier mit der nicht erkennbaren Kopfregion zu rekonstruieren. 1992 hat man die ursprünglichen Theorien und die Erscheinungsform von Hallucigenia auf den Kopf gestellt - die Tierchen hatten auf der Körperunterseite zwei Reihen tentakelartige Extremitäten und auf der Oberseite zwei Reihen stachelartiger Fortsätze. Hallucigenia ist – mit über einer Million Eintragungen im Internet - zu einem modernen Mythos geworden, zwischen Definitionssucht und halluzigenem Rausch.

Für Martin Walde (geb. 1957) ist es das „Einhorn unserer Zeit“, ein modernes Fabelwesen, dessen Erscheinung offen ist für Projektionen und Interpretationen. Ab 1989 schuf der Tiroler Künstler kleine grüne Hallucigenia Modelle im Verhältnis 10:1 und war fasziniert von dem, was hinter dem urzeitlichen Tierchen steht: Glaube, Wissenschaft, Fiktion, Ideologien, mediale Strategien etc. In der Folge entstehen die Hallucigenia Products, eine Produktionslinie von Alltagsobjekten, die, in ihrer Materialeigenschaft verändert, neue unerwartete Ergebnisse hervor bringen. Wie bei einem Gegenstand, bei dem die Gebrauchsanweisung für eine eindeutige Anwendung fehlt, ist man gezwungen zu experimentieren. Daraus ergeben sich natürlich auch viele Fehlversuche, so wie bei der Rekonstruktion des Wesens Hallucigenia. Die Hallucigenia Products sind keine Marke, sondern „ein Raum für obsessive Wunschvorstellungen, die sich an die Mechanismen unserer Waren- und Produktwelt anhängen“, so Martin Walde. Seit 1989 erscheint Hallucigenia als Wesen, als Phänomen, als Begriff, als sich veränderndes Bild wiederkehrend in den Arbeiten von Martin Walde.

Hallucigenia #1 und Hallucigenia #2 greifen die Form der Tierchen Ende der 80er Jahre wieder auf und werden diesmal mit raffinierter Technik umgesetzt: In dünnwandig geblasenen Glaskörpern sind verschiedene leuchtende Gase eingeschlossen, die flimmern und farblich leicht changieren. Wie Leuchtröhren-Piktogramme scheinen sie geheimnisvolle Botschaften mitzuteilen. Durch das sich bewegende Gas in den reagenzglasähnlichen Röhren wird ein moderner Alchemismus heraufbeschworen, die rätselhaften Urzeitwesen zu neuem, technoiden Leben erweckt.

Martin Waldes neuestes Hallucigenia-Projekt in der Galerie Krinzinger ist ein Vorbote für eine große Soloshow, die er 2009 in den Galerieräumen zeigen wird. 2009 wird auch eine umfangreiche Walde-Ausstellung im ZKM Karlsruhe zu sehen sein.

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Turk | Chadwick | Walde
GALERIE KRINZINGER

Opening on Thursday 28 of February at 18 o’clock within the Seilerstätte; Vienna Plus.
Gavin Turk & Martin Walde will be present.