Eröffnung: Freitag, 27. Februar 2012, 18-22 Uhr
27. April - 25. Mai 2012
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.
Zum Gallery Weekend in Berlin eröffnet die Galerie Michael Haas ihre Ausstellung mit Arbeiten bzw. mit "Boxen" von Charles Matton. 13 bühnenartige Schaukästen im Maßstab 1/7 entführen den Betrachter in eine eigenwillige, imaginäre und teils sehr skurrile Welt. Der Franzose Charles Matton war Filmemacher, Zeichner, Maler und Bildhauer. Mit dem Spielfilm "Rembrandt", in der Hauptrolle Klaus Maria Brandauer, gelang ihm einer der erfolgreichsten Maler-Spielfilme der neunziger Jahre.
Matton und Rembrandt haben durchaus geistige Parallelen. Beide sahen in der Malerei die bewusste Auseinandersetzung mit der Entschlüsselung des Lebens. Gerade diese schier unlösbare Aufgabe, war der Antrieb für ihr unablässiges Voranschreiten und ihre Schaffenskraft. Mattons Anliegen war es unter anderem, die geballte Energie des Lebens darzustellen und diese in seiner Arbeit sichtbar zu machen.
Er war eine Legende in der brodelnden Kunstszene von Paris um 1968. Mit seinen Spielfilmen, Zeichnungen und freien Illustrationen stieg er in den siebzieger Jahren, neben Jean-Paul Goude und neben dem Soziologen und Philosophen Jean Baudrillard zu einem der Begründer der neuen visuellen Kommunikation des postmodernen Zeitalters auf. Matton und Baudrillard waren nicht nur befreundet, sondern in einer geistigen Komplizität verbunden. In mancherlei Hinsicht kann man das Werk von Matton als eine Art künstlerischer Parallelanalyse zu Baudrillards Philosophie verstehen.
Wie ist Wirklichkeit darstellbar? Diese Frage hat sich Matton immer wieder gestellt und in all seinen Künsten hinterfragt. Dieser beständige Dialog mit dem Sichtbaren und seinem Schein machen die große Qualität seines Werkes aus. Die ersten Boxen entstanden in den späten siebziger Jahren und waren ein weiterer Versuch einer Antwort auf diese Frage. Zunächst als Hilfskonstruktionen in fotografischen und malerischen Projekten entstanden, fanden sie ihre künstlerische Selbstständigkeit und Autonomie. Die puppentheater-ähnlichen Boxen zeigen reale Räume wie Alberto Giacomettis Studio, eine Bibliothek, ein Schlafzimmer sowie Fantasieorte mit skurrilen Skulpturen. Der Betrachter taucht ein in diese Mikrokosmen, ist verblüfft und fasziniert zugleich von der Detailtreue und Perfektion der handgemachten Nachbildungen, der sich darin befindlichen Gegenstände. Hinter Glas eröffnen Mattons "enclosures" ihr Spiel zwischen Zwei- und Dreidimensionalität, und lassen die medialen Grenzen verschwimmen, Malerei, Plastik und Film. Sie irritieren und bezaubern in der Präsenz ihrer Objekte, dem Licht, den Materialien, wie bemaltem Marmor, Kupfer oder Spiegelflächen und fragen ihr Gegenüber nach seiner Wahrnehmung, Wahrheit und Wirklichkeit.
Matton ist es gelungen, den Betrachter in ein dreidimensionales "Paradies der Fantasie" zu führen.
Charles Matton wurde 1931 in Paris geboren, wo er 2008 auch verstarb.
Quelltext: Robert Fleck, der Blick zurück zur Wirklichkeit, 2009