THE SMILE AT THE FOOT OF THE LADDER
„Das Lächeln am Fuße der Leiter“ ist die deutsche Übersetzung des Titels von HENRIK EIBENS (*1975 Tokyo) neuer Ausstellung in unserer Galerie. Dieser entstammt einer Kurzgeschichte von Henry Miller aus dem Jahr 1948, in der ein Clown versucht, sein Publikum nicht nur zum Lachen zu bringen, sondern ihm auch Glückseligkeit zu schenken.
HENRIK EIBENS Werke, in den letzten Wochen im Atelier des Künstlers in Hamburg entstanden, assoziiert man auf den ersten Blick mit dem Begriff Minimalismus. Dieser zeichnet sich durch harte Kanten, elementare Formen und industrielle Materialien aus. Der Künstler spielt mit Vorbildern aus der Minimal Art, wie den Werken von Sol LeWitt oder Ellsworth Kelly, bricht den Perfektionismus jedoch durch eine unbeschwerte, humorvolle Note. Die bunten Quader aus Acrylglas des Werkes „Another Kind of Sky“ tanzen aus der Reihe: Im Gegensatz zu den präzisen linearen Anordnungen von Carl Andre oder Donald Judd herrscht hier Anarchie. Die Titel der Werke, die oft dem Musikbusiness entstammen, tragen dazu bei: „Shir Eres. Lullaby to the Colors“ oder „Dulci Jubilo. Jawlensky's Smile“, ein Jazzsong und ein Kirchenlied, vom Künstler in Bezug zu Alexej Jawlensky gesetzt. Dieser hatte in seinen letzten Lebensjahren starke Lähmungserscheinungen in den Händen und fertigte reduzierte, auf einzelne Striche limitierte Porträts an. Von diesen ließ sich HENRIK EIBEN zu seiner neuen Werkgruppe „Jawlensky's Smile“ inspirieren.
Materialvielfalt innerhalb seiner Werke spielt seit HENRIK EIBENS Studium am Fibre Department des Maryland Institute College of Art in Baltimore im Jahr 2001 eine große Rolle. Messing, Kupfer, Lack, Leder, Holz oder Acrylglas werden in gedecktem Farbkanon mit beispielloser Sicherheit kombiniert. „Odin“ steht exemplarisch dafür: ein Winkel aus Edelholz hält eine Form aus mundgeblasenem, azurblauem Glas. Eine pistaziengrüne Fläche ummantelt passgenau die obere Hälfte des Glases, gleich der Fassung eines Edelsteins. Die Konnotationen der Oberflächen mit unterschiedlichen Epochen oder Stilen und die haptisch-optischen Qualitäten verschiedener Materialien faszinieren den Künstler immer wieder aufs Neue. Die Experimentierfreudigkeit des Surrealismus nennt HENRIK EIBEN als Inspirationsquelle: „Kunst soll alles dürfen aber nichts müssen“.
Sol LeWitts Idee, seine Wandzeichnungen als Anleitung zu konzipieren, regten HENRIK EIBEN zu „Big Black Hop“ an: er spinnt das Konzept des großen amerikanischen Vorbildes weiter und realisiert ein monumentales Werk aus geflammtem und geöltem Eichenholz: fensterartige Flügel ragen aus vier Quadraten hervor und erzeugen einen Schattenwurf, der den Ausstellungsraum in einzigartiger Weise in das Kunstwerk einbezieht.
Die Aquarelle HENRIK EIBENS spiegeln den Ideenreichtum des Künstlers wider. Einmal blockhaft und intensiv, einmal ganz zart, poetisch mit Wasserfarben aufs Papier gebracht. Das Aquarell duldet keine Korrektur, zeigt die Unwiederbringlichkeit des unmittelbaren Ausdrucks. Hier sieht man dem Künstler bei der unmittelbaren Entwicklung seiner Formen und Farbkombinationen zu.
Bei der Gestaltung der einzelnen Teile seiner Arbeiten muss HENRIK EIBEN immer an das von ihm gewünschte Endresultat denken und darf das große Ganze nicht aus den Augen verlieren, dennoch „soll Kunst ihr eigenes Leben entfalten. Sie weist uns den Weg und nimmt sich Freiheiten, ähnlich dem Clown in Henry Millers Kurzgeschichte.“
Salzburg, im April 2020 Katja Mittendorfer