Thomas Kilpper: From State of Control
08.09. – 31.10.2012
Eröffnung: Samstag, 08.09.2012 um 17 Uhr
Der Künstler ist anwesend.
Die Samuelis Baumgarte Galerie präsentiert eine faszinierende
Werkschau des 1956 in Stuttgart geborenen, international
bekannten Künstlers Thomas Kilpper. Nachdem er 1998 als
Meisterschüler von Prof. Georg Herold das Studium der Malerei
und Bildhauerei an der Städelschule Frankfurt am Main absolviert
hatte, verbrachte Thomas Kilpper mit dem Stipendium der
Hessischen Kulturstif tung ein Jahr in London. Dort erwuchs seine
Leidenschaf t, geschichtsträchtige Orte durch zeitbezogene
Kunst neu zu beleben. So schnitzte er in den Parkettboden im
leerstehenden Londoner „Orbit House“ über 80 Porträts von
Personen, die mit diesem Ort in der Vergangenheit bis in die
Gegenwart verbunden waren. Anschließend wurden die Porträts
auf verschiedene Stoffe, Papiere und Folien gedruckt und freihängend
ausgestellt. Nach diesem Prinzip der „Floor Cuttings“,
in denen der Künstler den Boden verlassener Gebäude monatelang
physisch bearbeitet, entstehen seither eigenständige
Kunstwerke in der Tradition des Holz- und Linolschnitts. Auf
magische Art und Weise „schneidet“ sich Thomas Kilpper in die
als Druckstock dienende, vorgefundene Substanz eines historisch
aufgeladenen Ortes – so wie in den 800 m2 großen PVCFußboden
des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit der
DDR in der Berliner Normannenstraße im Jahr 2009. Dieser
Ort birgt einen höchst emotionalen Aspekt im Zusammenhang
mit der deutsch-deutschen Wiedervereinigung: Die Bewältigung
der Vergangenheit anhand des Fallbeispiels der Staatssicherheit der DDR (Stasi), die bis heute eine aufwühlende Wirkung
innerhalb der deutschen Gesellschaf t hat. In seinem Projekt
State of Control verknüpf t der Künstler diese polarisierende
Thematik mit einer Auswahl eindrücklicher Bilder aus dem
Zusammenhang der langen Geschichte staatlicher Überwachung
und Repression bzw. des Widerstands dagegen. Die
Bilder berühren komplexe Themen - Kolonialismus, Faschismus,
Menschenrechte bis hin zur gewaltsamen Auseinandersetzung
mit der Roten Armee Fraktion: es entsteht eine Art Kompendium,
ein komplexes und verzweigtes Bild von Geschichte. Der
Künstler schreibt Geschichte.
Die Ausstellung präsentiert großformatige Unikate aus diesem
Projekt: Linolschnitte auf Stoff und Papier, die vor Ort, im ehemaligen
Ministerium für Staatssicherheit der DDR entstanden.
In raffiniert arrangierten, zum Teil Collage-artigen Kompositionen
spiegeln die Werke auf authentische Weise ein Stück Zeitgeschichte
wider, das beim Betrachten die Gemüter erneut zu erregen
vermag. Die Intention ist dabei, den historischen Ort als
Ausgangspunkt und Material für die Kunst zu nutzen, ihn durch
die Verewigung im Material zu transformieren und neu zu definieren.
Die Technik der Aufarbeitung der Vergangenheit mittels
der „Einfühlung“ in die Geschichte am Ort des Zeitgeschehens
sowie die daraus resultierende Produktion künstlerisch einmaliger
„Zeitzeugen“, machen Thomas Kilpper zu einem der innovativsten
und gefragtesten zeitgenössischen deutschen Künstler.