- frame with non reflective glass -
Expertise: Fotoexpertise Dr. Wolfgang Henze, Ernst Ludwig Kirchner Archiv, Wichtrach
A painting like this from the earliest artistic years of Ernst Ludwig Kirchner must be viewed as something special in several respects: it is not only an outstanding example of the early Brücke style, but also, given nearly 140 double-painted canvases, one of the rare examples of watercolour sheets used on both sides in Kirchner’s oeuvre.
On 7 June 1905, friends and fellow students of the Königliche Sächsische Technische Hochschule (Royal Saxon Technical University) in Dresden, namely Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Fritz Bleyl and Karl Schmidt from Rottluff near Chemnitz, joined to form the Brücke artist group, which wanted to revolutionise art and society. As “youth carrying the future”, according to their programme, carved in wood by Kirchner, “we intend to obtain freedom of movement and of life for ourselves in opposition to older, well-established powers”. This was the hour of the birth of German Expressionism.
While the first painterly attempts of the young autodidacts still owed a great deal to Art Nouveau, with attractive lines understood more graphically, own tendencies would soon be recognisable, originating from an involvement with neo-impressionism. Here, one should primarily mention Vincent van Gogh, whose work Kirchner was able to study in November 1905 in the Galerie Arnold in Dresden. The visit to the exhibition would prove to be the igniting spark for his powerful divisionist painting, with casually placed points and flecks, as well as lines placed shimmering next to one another or intertwined – “more colourful and dappled”, the critic Friedrich Ernst Köhler-Haußen wrote, “than I have seen even in the boldest of the French Impressionists”.
The Landschaft mit Bäumen originated in the summer months of 1907, when Kirchner and Max Pechstein, who in the meantime also belonged to the inner circle of the Brücke, had retreated to the small villages of Goppeln and Golberode to the south of Dresden to work. The artist painted his landscape motif in a quick and spontaneous notation with animated, sometimes almost lambent lines. The gaze glides over the perspectivally tapered path at the edge of the forest into the depths of the painting to the buildings at the edge of the field captured flatly in radiant yellow in the background.
Like later, when material was scarce and he had nothing else available, Kirchner here also used the back of the sheet for another motif. In light, airy watercolour shades, he brought a second landscape to paper in the same year – with paths, trees, a few small walkers, above the blue sky in flowing, lucid watercolour.
Kirchner’s practically obsessive will to work, his overwhelming creativity and his pictorial genius already created a body of work in his early years that was among the most exceptional achievements of German Expressionism.
Text authored and provided by Dr. Doris Hansmann, Art historian
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Rahmen mit spiegelfreier Scheibe
Expertise: Fotoexpertise Dr. Wolfgang Henze, Ernst Ludwig Kirchner Archiv, Wichtrach
Ein Bild wie dieses aus den ersten Schaffensjahren von Ernst Ludwig Kirchner muss in vielfacher Hinsicht als etwas Besonderes gewertet werden: Es ist nicht nur ein hervorragendes Beispiel für den frühen Brücke-Stil, sondern gegenüber nahezu 140 doppelt bemalten Leinwänden auch eines der seltenen Exemplare beidseitig genutzter Aquarellblätter in Kirchners Œuvre.
Am 7. Juni 1905 hatten sich die Freunde und Kommilitonen der Königlich Sächsischen Technischen Hochschule in Dresden – Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Fritz Bleyl und Karl Schmidt aus Rottluff bei Chemnitz – zur Künstlergruppe Brücke formiert, die Kunst und Gesellschaft revolutionieren wollte. Als „Jugend, die die Zukunft trägt”, so ihr von Kirchner in Holz geschnittenes Programm, „wollen wir uns Arm- und Lebensfreiheit verschaffen gegenüber den wohlangesessenen älteren Kräften.” Es ist die Geburtsstunde des deutschen Expressionismus.
Waren die ersten malerischen Versuche der jungen Autodidakten noch einem schönlinigen, eher zeichnerisch aufgefassten Jugendstil verhaftet, so sollten sich schon bald eigene Tendenzen zu erkennen geben, die aus der Beschäftigung mit dem Neoimpressionismus hervorgingen. Hier ist vor allem Vincent van Gogh zu nennen, dessen Werk Kirchner im November 1905 in der Dresdner Galerie Arnold studieren konnte. Der Besuch der Ausstellung wurde zum zündenden Funken für seine kraftvollen divisionistischen Bilder mit locker gesetzten Punkten und Flecken sowie flirrend nebeneinander platzierten oder ineinander verschlungenen Linien – „so bunt und fleckig”, schrieb der Kritiker Friedrich Ernst Köhler-Haußen, „wie ich selbst bei den kühnsten französischen Impressionisten nie welche gesehen habe.”
Die Landschaft mit Bäumen entstand in den Sommermonaten des Jahres 1907, als Kirchner und der inzwischen ebenfalls zum inneren Kern der Brücke gehörige Max Pechstein sich zum Arbeiten in die kleinen Dörfer Goppeln und Golberode südlich von Dresden zurückgezogen hatten. Der Künstler malte sein Landschaftsmotiv in einer schnellen und spontanen Niederschrift mit bewegten, manchmal geradezu züngelnden Linien. Der Blick gleitet über den perspektivisch sich verjüngenden Weg am Wald entlang in die Tiefe des Bildes bis zu den Häusern am Rande des in strahlendem Gelb flächig erfassten Feldes im Hintergrund.
Wie später, wenn das Material knapp war und er nichts anderes zur Hand hatte, verwendete Kirchner auch hier die Rückseite des Blattes für ein weiteres Motiv. In leichten, duftigen Aquarelltönen bringt er noch im selben Jahr eine zweite Landschaft zu Papier – mit Wegen, Bäumen, ein paar kleinfigurigen Spaziergängern, darüber der blaue Himmel in fließender, luzider Wasserfarbe.
Kirchners geradezu besessene Arbeitskraft, seine überbordende Kreativität und sein malerisches Genie haben schon in den frühen Schaffensjahren ein Werk hervorgebracht, das zu den herausragenden Errungenschaften des deutschen Expressionismus gehört.
Text verfasst und bereitgestellt von Dr. Doris Hansmann, Kunsthistorikerin