- in a handmade craftsman’s frame with non-glare glass -
Expertise: Fotoexpertise Archiv zum Gesamtwerk Ernst Ludwig Kirchner, Wichtrach (Schweiz), Dr. Wolfgang Henze, vom 26.3.2024
In 1923, in the year of origin of this watercolour, Ernst Ludwig Kirchner had already lived in Switzerland for several years. Following longer stays in Davos, he initially moved to the house “In den Lärchen” in Frauenkirch before withdrawing to the “Wildbodenhaus” at the entrance to the Sertig Valley on the other side of the valley across from his former place of residence in autumn of this year. “Our new little house is a true joy for us. We will dwell well and very tidily there. This should really turn out to be a turning point in my life. Everything must be brought into a clear and orderly structure, and the little house be furnished as simply and modestly as possible, but pretty and intimate.”
He lived in the small farmhouse with his life companion Erna Schilling amidst furniture he had designed and carved himself, inspired by African models and Swiss folk art. He had created the red pine wood bench with a carved female nude and two smaller figures of children shown in the watercolour shortly before.
Kirchner brings the convivial, colourful scene to paper with a quick stroke and a dynamically animated underdrawing. It shows the couple – the artist presumably portrayed himself to the left in the painting – with a visitor in the blue suit whose back is turned to the viewer. Everything in this painting harkens to the flat area, which can be quite impressively comprehended in the round table that tilts upward into the picture plane.
Works on paper like this exceptional sheet have a prominent place in the oeuvre of the artist. They function as interfaces between the genres and served not seldom as inspiration and a field for artistic experimentation. They are in no way inferior to the painting and are coequal works with their own artistic substance. “Creation”, as the artist wrote in his diary in 1927, “[is] like a tight, organic fabric, in which approach and completion walk next to one another almost every day, the one impelling the other.”
Text authored and provided by Dr. Doris Hansmann, Art historian
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mit handgefertigtem Modellrahmen und spiegelfreiem, uv-absorbierendem Glas
Fotoexpertise Archiv zum Gesamtwerk Ernst Ludwig Kirchner, Wichtrach (Schweiz), Dr. Wolfgang Henze, vom 26.3.2024
1923, im Entstehungsjahr dieses Aquarells, lebt Ernst Ludwig Kirchner schon seit einigen Jahren in der Schweiz. Nach längeren Aufenthalten in Davos ist er zunächst in das Haus „In den Lärchen” in Frauenkirch übersiedelt, bevor er sich im Herbst des Jahres in das „Wildbodenhaus” am Eingang zum Sertigtal auf der anderen Talseite seines ehemaligen Domizils zurückzieht. „Unser neues Häuschen ist eine wahre Freude für uns. Wir werden da gut hausen und in großer Ordnung. Dies soll wirklich ein Wendepunkt in meinem Leben werden. Alles muss in übersichtliche Ordnung gebracht werden und das Häuschen so einfach und schlicht wie nur möglich ausgestattet sein, aber schön und intim.”
In dem kleinen Bauernhaus wohnt er mit seiner Lebensgefährtin Erna Schilling inmitten selbst entworfener und -geschnitzter Möbel, die von afrikanischen Vorbildern und schweizerischer Volkskunst inspiriert sind. Die im Aquarell gezeigte, rot bemalte Sitzbank aus Kiefernholz mit einem geschnitzten Frauenakt und zwei kleineren Kinderfiguren hat er erst kurz zuvor fertiggestellt.
Kirchner bringt die gesellige, farbenfrohe Szene mit schnellem Strich und einer dynamisch bewegten Unterzeichnung zu Papier. Sie zeigt das Paar – vermutlich hat sich der Künstler links im Bild selbst dargestellt – mit einem Besucher im blauen Anzug, der dem Betrachter den Rücken zukehrt. Alles in diesem Bild gehorcht der Fläche, was sich sehr eindrucksvoll vor allem bei dem in die Bildebene hochgeklappten runden Tisch nachvollziehen lässt.
Arbeiten auf Papier wie dieses herausragende Blatt nehmen einen bedeutenden Stellenwert im Œuvre des Künstlers ein. Sie fungieren als Schnittstelle zwischen den Gattungen und dienten nicht selten als Inspiration und künstlerisches Experimentierfeld. Der Malerei stehen sie in nichts nach, sie sind ebenbürtige Werke mit eigenem künstlerischem Gehalt. „Das Schaffen”, so der Künstler 1927 in seinem Tagebuch, „[ist] wie ein enges organisches Gewebe, in dem Ansatz und Vollenden fast täglich nebeneinander gehen und in dem eins das anderes treibt.”
Text verfasst und bereitgestellt von Dr. Doris Hansmann, Kunsthistorikerin