Carlos Cruz-Diez: „A contemporary artist does not seek to inspire: he reflects“
Die Galerie Boisserée zeigt im Studio zum zweiten Mal eine kleine Ausstellung mit druckgraphischen Arbeiten des franko-venezolanischen Künstlers Carlos Cruz-Diez.
Gezeigt werden Arbeiten aus der Werkgruppe der Couleur Additive.
Carlos Cruz-Diez, 1923 in Caracas Venezuela geboren, gilt als einer der Begründer und Schlüsselfiguren der kinetischen Kunst und der Op-Art. Mit seinem Werk ist er einer der bedeutendsten internationalen Künstler. Für seine Farbforschung und Farblehre wurde er mit zahlreichen Auszeichnungen und Preisen geehrt. 2012 wurde ihm der französische L’ordre national de la Légion d’honneur verliehen.
Bevor er zunächst in den Bereichen Illustration und Werbung arbeitete, studierte Cruz-Diez von 1940-1945 Kunst an der Escuela de Artes Plásticas y Aplicadas in Caracas. 1947 hatte er seine erste Einzelausstellung in Caracas. 1965 nahm er an der Gruppenausstellung The Responsive Eye im Museum of Modern Art in New York teil. Die Ausstellung machte weltweit auf die Op-Art-Bewegung aufmerksam. Fünf Jahre später, 1970, vertrat Cruz-Diez Venezuela auf der Biennale in Venedig und installierte im Pavillon mehrere großformatige Arbeiten, darunter drei in Rot, Blau und Grün beleuchtete leere Räume. Dem folgten Ausstellungen weltweit.
Seit jeher bemühen sich Künstler, insbesondere Maler, um das Verständnis der Farbphänomene. Die Wirkung auf den Betrachter und die Theorien über das Zusammenspiel der Farben, der Farbtöne, der Farbdichte und die Bedeutung des Lichts stehen im Mittelpunkt ihrer Überlegungen.
Den optisch-physikalischen Gesetzmäßigkeiten der Farben und des Lichts sowie die menschliche Wahrnehmung dieser Phänomene galt Cruz-Diez‘ Interesse. Seine abstrakten Formmuster und geometrischen Farbfiguren erzeugen beim Betrachter überraschende oder irritierende optische Effekte, die Vorstellung von Bewegung, Flimmereffekte und optische Täuschungen. Er will jedoch mehr als faszinierende Spielchen mit der Wahrnehmung treiben. CruzDiez‘ Kunst war und ist immer auch wissenschaftliches Experiment. Er beschäftigte sich ausführlich mit Kunstgeschichte, Farblehren und optischen Gesetzmäßigkeiten und verstand Farbe stets als eigenständige Realität, frei von Form und Beiwerk. Farbe besaß für ihn Autonomie. „In einem realen Raum und einer realen Zeit entwickelt sie [die Farbe] sich in einer ewigen Gegenwart ohne Vergangenheit und Zukunft.“
Seine Arbeiten basieren auf den vier chromatischen Grundsätzen – dem Subtraktiven, dem Additiven, dem Induktiven und dem Gedachten. Sie ermöglichen sowohl eine kognitive Annäherung an das Phänomen Farbe und geben dem Betrachter die Möglichkeit, sich interaktiv am künstlerischen Prozess zu beteiligen.
Carlos Cruz Diez ist am 27. Juli 2019 in Paris verstorben.