RAFFI KAISER
Neue Arbeiten auf Papier
23. Mai - 7. Juli 2012
Eröffnung: Dienstag, 22. Mai 2012, 19 Uhr
Der Künstler Raffi Kaiser ist anwesend und stellt im Rahmen der Eröffnung sein neues Buch „Raffi Kaiser – Le voyage des voyages“ vor.
Wohl kein europäischer Künstler hat sich in den vergangenen Jahren mit solchem Nachdruck der Landschaftsmalerei gewidmet wie Raffi Kaiser (*Jerusalem 1931). Vor über drei Jahrzehnten stieg dieser angesehene Vertreter des Magischen Realismus aus dem Kunstbetrieb aus und zog sich für zwei Jahre in die Wüste Negev zurück. Damals entstanden sehr feine Landschaftszeichnungen, die ein leeres Land voller Stille erspüren ließen. Gleichzeitig setzte sich Kaiser intensiv mit den fernöstlichen Künsten auseinander, zu denen er eine Seelenverwandschaft fühlte. 1987 brach er schließlich zu seiner ersten großen Wanderung auf, die ihn auf den Spuren von Künstlern der Sung und Yuan Dynastie durch China führte. Von diesem Abenteuer brachte Kaiser eine Vielzahl von Skizzen in sein Pariser Atelier mit, deren Reflexion in ein Schaffenswagnis führte: In den folgenden zwei Jahren entstand „Die Große Chinesische Landschaft“, ein zauberhafter Bilderstreifen der in kräftigen Bleistiftstrichen auf fünfzig Metern Länge über das Erlebte meditierte. Seither wurden zwei weitere meditative Urlandschaften im gleichen Format geschaffen, „Die Große Japanische Landschaft“ und „Die Große Wüste Negev“, immer nach monatelangen Wanderungen durch die eindrucksvollen Gefilde. Weitere Reisen, etwa durch Afrika, den Grand Canyon und zum Berg Athos, brachten eine Fülle von kleineren und mittelformatigen Werken hervor. Jetzt, da Raffi Kaiser im neunten Lebensjahrzehnt steht, wollte er seine Landschaftserlebnisse zusammenfassen. Summe ist die 66 Meter lange Bleistiftzeichnung „Le voyage des voyages“, die noch das ganze Jahr im Morat Institut für Kunst in Freiburg/Breisgau zu sehen ist. Gleichzeitig präsentiert in Frankfurt die Galerie Friedrich Müller neue Zeichnungen Raffi Kaisers, die parallel dazu entstanden sind.
In die strengen Galerieräume fügen sich die idealen Weltlandschaften Kaisers hervorragend ein. Malmaterialien sind Grafitstift, Tuschfeder oder Silverpoint. Nicht mehr über bestimmte heroische Gegenden meditiert der Künstler, sondern über die Landschaft an sich. Stets steht die dynamische Kraft der Natur im Vordergrund, die über alle menschlichen Bemühungen siegt. Ausgewaschene Flusstäler und Wadis, spitze Felsformationen und harsche Abbrüche kennzeichnen das Geschehen. Dabei ist der Zeichenduktus Kaisers keineswegs gewalttätig oder expressiv. Eher tänzerisch und zärtlich streichen die graphischen Mittel über das schwere, raue Papier. Das vorgegebene Format des Aquarellblocks ergibt ein Modul, das aber durch Fortsetzung der Zeichnung auf beliebig vielen Nachbarblättern zum Polyptychon ausdehnbar ist, schließlich sind Landschaften unendlich. Auch bei den in Frankfurt vorgestellten kleineren Formaten herrscht freie Vogelschau. Der Künstler hat, nunmehr in der späten Phase seines Schaffens, die Möglichkeit erreicht, sich unbeschwert von Körperlichkeit über den Dingen zu bewegen – eine sehr asiatische Vorstellung, die gut zum Ausstellungsort passt. Dies gelingt Kaiser auch mit einer früheren, großformatigen Arbeit, dem Porträt eines Baumes. Vom Sturm gefällt liegt eine Akazie darnieder, doch aus dem trockenen Holz sprießt frisches Grün. Sechs anderthalb Meter hohe schmale Bildstreifen sind hier nebeneinander gesetzt. Bereits mehrfach hat Raffi Kaiser solch sechsteilige Werke zu Paravents im Sinne der japanischen byôbu montieren lassen. Mit „Le voyage des voyages“ ist das Lebenswerk Kaisers übrigens keineswegs abgeschlossen. Erst kürzlich kam der 81jährige mit vielen Skizzen von einer langen Wanderung durch Kambodscha zurück.
Zur Ausstellung im Freiburger Morat Institut erschien eine opulente Publikation, die „Le voyage des voyages“ ganz abbildet und, begleitet von mehreren sachkundigen Texten, durch die Schaffensperioden und Reisen Raffi Kaisers führt.
Das Buch ist in der Galerie erhältlich und kostet 35€.
Ulrich Schneider