Birgitt Bolsmann (1944–2000) erprobt noch während ihres Studiums in Hamburg bei Hans Thiemann und Kurt Kranz eine gegenständliche Bildsprache, die sie ab 1973 in realistischen Bleistiftzeichnungen und Ölgemälden konsequent umsetzt und mit der sie zu der seit den frühen 1960er Jahren in der Kunst aufkommenden Bewegung gehört, die sich von Abstraktion und Informel abwendet.
„Ich habe am Anfang meines Studiums eine Zeitlang abstrakt gearbeitet und dabei festgestellt, daß die Themen, die mich wirklich berühren, damit nicht darstellbar sind. Ich möchte eine klare Bildsprache benutzen und möchte von möglichst vielen Menschen mit so wenig Kunstvermittlung als nötig verstanden werden.”, beschreibt Birgitt Bolsmann 1988 ihre Entscheidung für das realistische Darstellungsprinzip.
Ihre Bildmotive findet Bolsmann großenteils in der Modefotografie und plakativen Werbung, die sie auf das darin propagierte Frauenbild hinterfragt. Bildtitel wie Medusa lacht (1983), In Ledas Boudoir (1986) oder Die Flucht aus dem Patriarchat (1986) spiegeln den kritischen Blick der Künstlerin auf die männlich geprägten Bildthemen der Kunstgeschichte und überlieferten antiken Mythen wider.
In einem vielschichtigen Malprozess in altmeisterlicher Mischtechnik (Eitempera und Harzölfarbe auf Leinwand) fixiert sie glasklar mit kühler Farbgebung ihre Sujets. In vorderster Bildebene in Szene gesetzt strahlen die detailgenau fixierten Motive eine konzentrierte Präsenz aus, die oft im Kontrast zur neutralen Flächigkeit des hellen Bildgrundes steht. Durch die bedrängende Unmittelbarkeit entlarvt Bolsmann nicht nur den "schönen Schein" des marktgerecht idealisierten, weiblichen Körpers, sie erschafft darüber hinaus ein formales Spannungsfeld zwischen realistischer Plastizität und flächiger Abstraktion – ihre Werke entzieht sie so der reinen Gegenstandstreue. Parallel zu den Gemälden entstehen ab 1973 realistische, perfekt ausgeführte Bleistiftzeichnungen von Porträts und Masken sowie Mode- und Gewandstudien, die in dichten, aber optisch fein abgestuften, leichten Grautönen angelegt sind.
Zuletzt war Birgitt Bolsmann 1993 und 1996 in den beiden Realismus-Triennalen im Martin-Gropius-Bau vertreten. Anläßlich der Gallery Weekend *Discoveries zeigt der Kunsthandel Wolfgang Werner nun erstmals in Berlin einen umfassenden Werksüberblick, der Bolsmanns malerischen Hauptwerken die in Ihrer Perfektion und Technik herausragenden Bleistiftzeichnungen zur Seite stellt.
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Birgitt Bolsmann (1944–2000) already tried her hand at a reality orientated artistic expression while studying in Hamburg with Hans Thiemann and Kurt Kranz which she systematically applied in realistic pencil drawings and oil paintings from 1973 on – thus being part of the movement emerging in the early 1960s and which marks a turning away from abstraction and art informel.
„While studying, I had a close look at abstract art and I noticed that I cannot make Use of it to depict the issues that really affect me. I wish to apply a straight visual Language and would like to be understood by as many people as possible with as little art mediation as necessary." (Bolsmann, Interview 1988)
She draws her subjects initially from fashion photography and striking advertising, from 1980 on replacing the artificially beautiful women by mannequins, examining them in terms of the image of women that they propagate. Titles such as Medusa laughing (1983), In Leda's Boudoir (1986) or Escape from Patriarchy (1986) reflect the artist's critical view of the male-dominated pictorial subjects in art history and the transmitted ancient myths. In a multi-layered painting process making use of an old-masterly technique (egg tempera and resin oil paint on canvas) she fixes her subjects with great clarity using a cool colour scheme. Placed in the foreground of the picture, the motifs, which are fixed in every detail, display a concentrated presence that often contrasts with the neutral flatness of the light background.
Bolsmann not only exposes the beautiful glow of the market-driven idealized female body, but furthermore, through the pressing immediacy, she formally creates a field of tension between realistic plasticity and two-dimensional abstraction – thus withdrawing her works from bare representationalism.
Birgitt Bolsmann was last exhibited in the two Realism Triennials at the
Martin-Gropius-Bau in 1993 and 1996. On the occasion of Gallery Weekend
*Discoveries, Kunsthandel Wolfgang Werner is now presenting a comprehensive overview of her work for the first time in Berlin; a selection of important paintings will be accompanied by Bolsmann’s exquisite pencil drawings, which are outstanding in their perfection and technique.