Geschichten von sich selbst erzählt die 1981 in Riga geborene Malerin Elena Tarasenko, wenn sie ihre eigene Person und ihre Umgebung in den Brennpunkt ihrer Bilder stellt. Als eingefleischte Realistin, Fan der unterkühlten Neuen Sachlichkeit der Roaring Twenties wie der Alten Meister, gewinnt sie auch den unspektakulären Dingen des Lebens einen speziellen Charme ab: etwa in ihren sorgfältig arrangierten Blumenstillleben. So schildert sie mit altmeisterlicher Akkuratesse Exemplare von Tulpen, Nelken, Anemonen und Akeleien in ihrem „April“-Strauß oder lässt von allerlei Getier eine Iris umschmeicheln - die Vanitas bleibt dezent, und Elena Tarasenko liebt den Teufel im Detail: mit der Signatur „Berlin 2014“ ist in einem ihrer Gemälde der Poststempel des Briefes versehen, auf dem die schöne Blüte der Unschuld liegt. Oder die Malerin richtet in einem „Interieur mit Drache“ den Blick auf ihr Schreibzimmer, bringt Pflanzen und Skulpturen in stilvolle Ordnung, vergisst auch nicht die Attribute der Moderne: die Uhr an der Wand signalisiert das Hier und Heute, den Schlag der „Neuen Sachlichkeit“: Christian Schad und Alexander Kanoldt lassen grüßen.
Weil sie es liebt, Menschen darzustellen, benützt sie sich selbst und ihre Freunde und Künstlerkollegen, deren Werke sie gleichfalls inspirieren, als Modelle: selbstbewusst konterfeit sich Elena Tarasenko als Mexikanerin, doch nicht mit Folklore-Sombrero, sondern mit einer exotischen Negerfigur als stillen Voyeur im Hintergrund, inszeniert eine junge Frau als „Primavera“, geschmückt mit Blumen im Haar, aber mehr femme fatale als Frühlingsgöttin, oder die Malerin flaniert in lockerem Dress mit Sonnenbrille durch eine Einkaufsmall, in der das einfallende Sonnenlicht noch Reminiszenzen an den Impressionismus weckt, mit dem Elena Tarasenko früher experimentierte.
So leicht und selbstverständlich ihre Bilder gemalt scheinen, so sorgfältig sind die Vorarbeiten der Künstlerin: aus Skizzen von der Realität und fotografischen Vorlagen, die sie nochmals verändert, collagiert sie ihre Entwürfe, die sie penibel in Malerei umsetzt. Der hohe Aufwand fordert sein Zeittribut: bis zu einem halben Jahr kann die Vollendung eines Werkes dauern, unabhängig von Format und Sujet.
Das moderne Leben, dessen Hektik sie ausblendet, gewinnt bei ihr dabei immer ein wenig den Touch eines Déjà-vu-Erlebnisses, sorgfältig ausgeklügelt ist auch ihre Palette, die subtil mit den Tönen und Nuancen spielt, das allzu Grelle meidet. Die Liebe zum Detail erfordert minutiöses Arbeiten - weswegen für Elena Tarasenko die Malerei ein Full-Time-Job ist. Für ihre handwerklich solide gemalten und raffiniert durchkomponierten Bilder garantiert die Ausbildung der Künstlerin: sie studierte von 1994 bis 2001 an der Janis Rozentāls-Kunstschule in Riga und von 2002 bis 2006 an der Lettischen Akademie der Künste. Seit einigen Jahren lebt und arbeitet sie in Berlin.
„Elena Tarasenko: my stories“, vom 05.12.1015 bis 30.01.2016, TVD ART Galerie, Schlüterstraße 54/Eingang Niebuhrstraße, 10629 Berlin, Tel.: 030-889 144 45, mobil: 0175-246 0 309. Geöffnet montags bis freitags von 13 bis 19 Uhr, samstags von 12 bis 18 Uhr. Die Vernissage ist am Freitag den 4. Dezember 2015 von 17 bis 21 Uhr.