Jubiläumsjahr: 10 Jahre TVDART Galerie
Highlights – Die ersten zehn Jahre
Künstler der Galerie mit neuen Werken
Vernissage am Freitag 20. April 2012
von 17.00 bis 21.00 Uhr
Ausstellungsdauer: bis 31. Juni 2012
Valerij Tarasenko darf sich freuen: bereits seit zehn Jahren existiert seine Kunst-Galerie in Berlin-Charlottenburg in Nähe des beliebten Savigny-Platzes. Stolz betitelt er seine Jubiläumsschau mit „Highlights“ und präsentiert diesmal vorwiegend junge Malerinnen aus Lettland. Der aus Riga stammende Galerist, der 2011 mit der Ausstellung „Frauenquote“ schon einmal nur die weibliche Avantgarde aus dem baltischen Staat zeigte, hat meist das Neueste aus seiner Heimat im Programm. Ein Faible hegt er auch für die lettische Avantgarde aus den 1920er und frühen 1930er Jahren, als Lettland kurzfristig die Blüte einer von Russland unabhängigen Demokratie erlebte.
Paulis Postazs, schon lange international gefragt, und Agate Apkalne, deren Werke durch eine hintergründige Phantastik bestechen, zählen zu Tarasenkos shooting stars, die sich von Politik und Geschichte fernhalten, stattdessen alltägliche Menschen in einem attraktiven figurativen Realismus auf die Leinwand bannen. Kunden hierfür sind nicht nur Berliner und deutsche, sondern auch westeuropäische Kunstliebhaber.
In der Jubiläumsschau setzt Anna Afanasjeva nach Art des Porträts der königlichen Mätresse Gabrielle d'Estrées und ihrer Schwester aus der Hand der manieristischen Schule von Fontainebleau zwei nackte Grazien für einen „Ausflug“ vor eine Fantasielandschaft à la Caspar David Friedrich. Deren Kargheit wird durch die bunten Vögel, darunter ein stattlicher Truthahn, auf der Brüstung aufgepeppt, vor der die Damen ungeniert entblößt sitzen und sich offenbar für die Jagd nach dem anderen Geschlecht zurechtmachen. Anna Baklane, Spezialistin für nuancierte Töne, lässt vor einer dekorativ-poppigen Blumentapete zwei junge Frauen, die wie Zwillinge einander gleichen, einen Brief austauschen und belebt dabei Reminiszenzen an Vermeer van Delft oder Gabriel Metsu, verwendet doch die Malerin große Sorgfalt auf Kleidung und Interieur, das sie ins Zeitgenössische transportiert und ästhetisiert: schließlich handelt es sich bei den dargestellten Frauen um sie selbst und ihre Schwester, die wiederum mit Paulis Postazs verheiratet ist. Erotische Fantasien bedient Flera Birmane, die sich derzeit ihrer Malerei in einem Kloster in Nepal widmet: eine schöne Schlafende, die den Telefonhörer neben sich auf das Betttuch gelegt hat, träumt wie in einem klassischen film noir noch vom „Last Call" . Krista Dzudzilo, mit gerade mal 23 Jahren die Jüngste unter den von Valerij Tarasenko vertretenen Künstlerinnen, variiert in ihren meist auf einen harten Schwarz-Weiß-Kontrast aufgebauten Bildern dasselbe Girl im aufreizenden schwarzen Stiefeldress und konfrontiert es frontal mit dem Betrachter. Bei Laura Ozola sitzt die junge Protagonistin mit Reitsattel auf der Fensterbank und träumt von der „Karibikinsel“, doch die schöne Aussicht ist ihr durch die anonyme moderne Fensterfassade gegenüber versperrt. Elena Tarasenko porträtiert sich in einem fotografischen Hyperrealismus selbst, wie sie mit Sonnenbrille durch eine lichtdurchflutete Einkaufspassage von Portugal schlendert.
Diese jungen Malerinnen, geboren in den 1980er Jahren kurz vor der Wende, die eine fundierte Ausbildung an den renommierten Kunstschulen Lettlands empfangen haben, beschäftigen sich nicht nur mit dem urbanen Milieu, in dem sie selbst leben, sondern auch mit den Träumen, Obsessionen wie dem Alltagsverhalten, das diese Umgebung hervorbringt. Dabei fantasieren sie, aus dem Motivschatz historischer Kunst ebenso wie aus der Bilderwelt einer virtuellen Gegenwart zitierend, in einem unterkühltem Realismus, der einerseits die Dinge zu objektivieren scheint, andererseits aber auch die Möglichkeit der Verrätselung in sich birgt und den Betrachter seinerseits zu Fantasien anspornt.
Am deutlichsten fallen die Anleihen bei den alten Meistern bei Paulis Postazs, 1976 in Riga geboren, auf. Seine Vorliebe gilt den großen Künstlern der italienischen Frührenaissance und der altniederländischen Malerei: in seinem jüngsten Werk „Milch“ setzte er seine beiden Töchter in merkwürdig pastelligen Farben und schräger Vogelperspektive auf einen simplen Holztisch und ließ sie Milch trinken. So weist er den Weg von Jan van Eycks milchgebender „Lucca-Madonna“ zur banalen Tetrabox, aus der heute das nährende Getränk fließt.
Valerij Tarasenko, der in seiner Galerie die junge lettische Avantgarde akzentuiert, hat es sich zur Aufgabe gemacht, neue Talente aus seiner Heimat auf den Kunstmarkt zu bringen. Bei den "Highlights" sind es die Frauen, die wiederum Frauen malen. Markenzeichen bei TVDART: handwerkliche Qualität.
10 Jahre lettische Malerei bei TVDART, Berlin, artnet, 15. Mai 2012