Menschen, Orte, Objekte
Contemporary Fine / Latvian Art in der TVD ART Galerie in Berlin-Charlottenburg
Ein Déjà-vu-Erlebnis bleibt nicht aus, und man mag an Gustav Klimts frühlingshafte Birkenwälder aus dem Wienerwald denken, die der österreichische Meister des Jugendstils als ornamentale Schmuckstücke um 1900 malte. Bei der lettischen Künstlerin Vija Zarina, genau um ein Jahrhundert jünger, verwandeln sich dagegen die Bäume des Ostsee-Strandes in moosfleckige Stämme, zwischen denen in nuancierten Tönen der Nebeldunst aufsteigt. Als eine der profiliertesten Malerinnen Lettlands ist Vija Zarina bekannt für ihre menschenleeren melancholischen, atmosphärisch dichten Landschaftsbilder, die sich heute u. a. in Besitz des Lettischen Nationalmuseums für Kunst, der Tretjakow-Galerie in Moskau oder dem Tartu Kunstmuseum in Estland befinden. Paulis Postazs, Jahrgang 1976, der sich in Anlehnung an die Meister der italienischen Renaissance auf eine anspruchsvolle hyperrealistische Figuren- und Porträtmalerei spezialisiert hat, setzt die einstigen Göttinnen eines Botticelli oder Tizian in ein indifferentes halb-surreales Ambiente, wobei ihm die eigenen Familienmitglieder als Modelle dienen. Folgerichtig öffnet sich in Postazs‘ Gemälde „By the Window“ der Fensterausblick nicht auf eine liebliche südliche Landschaft, sondern auf die Dächer von Riga, die sich nochmals in einem eigenen Gemälde des Künstlers dem Betrachter darbieten. Krista Dzudzilo als eine der jüngsten Künstlerinnen bei TVD ART lässt ihre Erfahrungen als Designerin für Theaterdekorationen und Kostüme auch in ihre Malerei einfließen: fast wie eine Bühnenfigur wirkt ihr Selbstporträt „I am standing“ in strenger Rückenansicht und in schwarzem Kleid vor der Leere einer weißen Wand. Agata Apkalne hingegen setzt auf perfekt ausgeklügelte Komposition und Lichtregie und inszeniert ihre Protagonistinnen bevorzugt in einem verspielten, traumhaften Ambiente. In einem ihrer Gemälde posiert selbstbewusst eine modisch gekleidete junge Frau von Heute, drapiert mit einem Fuchspelz und neugierig begutachtet von denjenigen, die ihr diesen adretten Schmuck lieferten. Im imaginären Scheinwerferlicht steht nicht nur die Pelzträgerin, sondern auch der edle Teppich, dessen Farben raffiniert mit denen des Fuchsfells korrespondieren. Für Elena Tarasenko wird die niederländische Stilllebenmalerei des 17. Jahrhunderts zum Vorbild, wenn sie in ihrem Zyklus „Iris“ akribisch genau allerlei Insekten über einen simplen Briefumschlag kriechen lässt, der in Berlin, dem Arbeitsort der Künstlerin, abgestempelt ist. Die Italien kundige Anna Afanasjeva, geboren 1983, spürt auf stille poetische Weise die Begegnung zweier junger Freundinnen auf, die sich ihre Geheimnisse ins Ohr flüstern. Surreales mischt sich hier mit Realem, und der meisterhaft gemalte bewölkte Himmel lässt die deutschen Romantiker wieder auferstehen. Das Leben ein Traum – dies gilt auch für die Malerei dieser lettischen zeitgenössischen Kunst.
„Menschen, Orte, Objekte“, noch bis zum 31. Mai 2018 in der TVD ART Galerie, Schlüterstr. 54 / Eingang Niebuhrstraße. 10629 Berlin. Geöffnet montags bis freitags von 13 bis 19 Uhr und samstags von 12 bis 18 Uhr. Tel.: 030 – 88 91 44 45; Mobil: 0175 – 246 03 09