Neuer Realismus
Unter dem Titel „Neuer Realismus“ präsentiert die Galerie TVD ART in ihren neuen Räumen in Berlin-Charlottenburg hochqualitative Gemälde von jungen Künstler*innen vorwiegend aus Lettland, die an der Kunstakademie von Riga eine hervorragende akademische Ausbildung empfangen haben. Kennzeichnend für ihre hochwertige Malerei sind technische Bravour und ein glatte lasierende Malweise sowie bei detailgenauer Gegenständlichkeit der Rückgriff auf die kunstgeschichtliche Tradition: vermischt werden mit hintergründigem Humor die Alten Meister mit der klassischen Avantgarde des 20. Jahrhunderts, besonders der Neuen Sachlichkeit. Einige der Künstlerinnen werden auch in dem 2013 von Reinhard Fuchs 2013 heraus gegebenen zweibändigen Kompendium „Women in Art – Die großen Künstlerinnen vom Mittelalter bis zur Neuzeit“ erwähnt.
Paulis Postazs vereint in seinen 2020 entstandenen „Friends“ drei junge Grazien im Porträt in schmucker Haartracht, sein Bild ist glasklar fein gemalt in leuchtenden Farben vor schwarzem Grund. Der Künstler verwendet Modelle seine eigene Verwandtschaft und bezieht sich kompositorisch auf ein berühmtes Gemälde von Raffael, versetzt aber seine Damen in die Neuzeit und versagt ihnen jegliche Nacktheit.
Elena Tarasenko konterfeit sich selbst im close-up beim sorgfältigen Ordnen ihrer Frisur in einem Gemälde ihrer hyperrealistischen Serie „Rückblick” und gibt in changierenden Tönen zugleich Ausblick auf eine dunstige Strandlandschaft.
Die aus der Ukraine stammende Svitlana Galdetska, Jahrgang 1972, begibt sich in sommerliche Gefilde und weiß Licht und Luft buchstäblich zu malen. In perfektem Fotorealismus lässt się ihre beiden Töchter als Protagonistinnen am Strand im Spiel von Wind, Sonne und Schatten ausgelassen agieren. Werke Galdetskas befinden sich im Nationalen Kunstmuseum von Kiew.
Neu bei TVD ART ist Anita Arbidane, geboren 1983 in Riga. In sinnlichen Genüssen schwelgt się in ihrem 2013 entstandenem Gemälde „Party Animals“. Ein Künstlerfest und ein Fest der Tiere, bei dem sich junge Frauen und Männer an Wein und Obst ergötzen. Anita Arbidane zitiert hier in fein ausgewogener Palette und mit höchster Akribie Szenen, wie sie auch von den italienischen Renaissancemalern oder den Niederländern des 17. Jahrhunderts geschildert wurden. Dennoch mischen sich einige verwirrende Details ein: so heften Spielkarten an der Stirn der Figuren, und Zigarette und Feuerzeug sind ein absolutes Attribut modernen Lebens. Das Amüsement der Gegenwart trifft auf Kunstgeschichte in einem Bild der zeitgenössischen Kunst.
Dr. phil. Angelika Leitzke